Tag 6
Die Nachricht

Der nächste Morgen sah zwei recht unausgeschlafene Teams am Frühstückstisch sitzen. Ich war ja sowieso der Morgenmuffel und musste mich nicht groß umgewöhnen.

Nach einem sehr stillen Essen, bei dem am Tisch nur das Nötigste gesprochen wurde – was leider keine ›Dienstlich!‹-Punkte gab – brachen wir zum Konferenzraum auf.

Auf dem Weg erläuterte ich Eric und Dmitri, wie Tanya mich auf die Idee gebracht hatte, die Darstellung der Daten in die dritte Dimension zu bringen.

Dmitri grinste schief und fasste sich an seine Brust.

»Na klar, warum es nicht einmal dreidimensional probieren!«, lästerte er.

Prompt bekam er von Paula einen Klaps auf den Hinterkopf.

»Sehr witzig«, ergänzte ich.

Ich hoffte nur, dass Paula ihm – war er eigentlich ihr neuer Freund geworden nach dem Vorfall mit dem Klon? – nichts von Tanya und mir weitererzählt hatte.

Ein Themawechsel tat jetzt gut.

»Eric, Dmitri, wie wäre es, wenn wir die Nachricht verändern und dann irgendeines von Dmitris Programmen benutzen und sie wieder zusammenzubauen?« 

Dmitri antwortete: »Sozusagen rückwärts, da muss ich aber noch an den Programmabläufen feilen.« 

»Du willst so tun, als ob die Nachricht von den Klonen kommt und hoffen, dass der Gegner das frisst?«, fragte Eric.

»Genau«, meinte ich. »Machbar oder verrückt und nicht machbar?« 

Eric und Dmitri waren der einhelligen Meinung »machbar, braucht aber wahrscheinlich Zeit«.

Eric musste außerdem einen Weg finden, die Nachricht in den Sender zu überspielen und die Nachricht dann im Zeitfenster an den entsprechenden Ort zu senden, also den Ort, an dem wir die gegnerische Flotte vermuteten.

»Das klingt echt nicht schlecht, ich werde darüber nachdenken«, meinte Eric.

Pepe hatte im Konferenzraum gute Neuigkeiten zu verkünden. Er hatte jetzt mit Dmitris Hilfe auch die Zeitfenster berechnen können, in denen der Sender genau auf das Zielgebiet zeigte und nur dann etwas gesendet werden kann. Sehr zu meiner Beruhigung blieben uns jetzt noch zwei Tage Zeit, um die Nachricht vorzubereiten. Außerdem musste ich mir noch die Genehmigung des Generalstabs zum Senden einholen und ich wollte mich mit Tanya abstimmen, wie aus taktischer Sicht vorzugehen war.

Uhrzeit: 0820 WPCT

Tanya und ich machten uns daran, im Konferenzraum die Aufgaben für diesen Tag zu verteilen.

Tanya begann: »Pepe, Liz, Sean: Weitermachen mit Üben, ob wir die taktischen Analysen tatsächlich in Echtzeit hinbekommen.« 

»Geht klar!« 

»Eric, Dmitri«, setzte ich fort. »Ihr geht zur Baustelle und erforscht den Sender. Wenn jemand ’rumzickt, ihn gleich an Tanya oder mich verweisen.« 

»Okay, Boss.« 

»Paula. Ich brauche einen Termin beim Generalstab.« 

»Einen van-Eych-Alarm?« 

»Nein, ist dieses Mal nicht nötig.« 

Dmitri und Eric machten sich auf den Weg, den Sender zu erforschen. Nachdem wir mit dem Aufdecken der Klone wieder einmal einen bleibenden Eindruck beim Stab hinterlassen hatten, wurde ich gleich in die demnächst stattfindende Stabssitzung eingeladen.

Wiederum nahm ich Tanya mit – schon um ihr Gesicht im Stab bekannter machen zu können. Aber dieses Mal brauchte ich keinen schwerbewaffneten Geleitschutz, da die Klone ja unschädlich gemacht werden konnten.

Dieses Mal erschienen wir beim Generalstab ohne Geleitschutz und auch sonst sehr unspektakulär. Wieder lächelte der Admiral uns an.

»Der ist echt immer freundlich zu dir«, flüsterte Tanya.

»Uns!« 

»Also gut: Der ist echt immer freundlich zu uns.« 

»Ist das so schlimm?« 

»Schlimm nicht, aber ungewöhnlich.« 

Der Admiral rief: »Nehmen Sie Platz!« 

Wir setzten uns auf zwei freie Plätze am hinteren Ende des Tisches. Wieder musste Tanya ihre Verwunderung kundtun.

»Außer der Ordonnanz bin ich hier echt mit Abstand der allerniedrigste Dienstgrad.« 

»Mach’ dir nichts daraus, zur Zeit zählt eher fachliches Können als Lametta.« 

Mit »Lametta« hatte ich sie dann von einer besorgten Miene, die so gar nichts »Eisernes« hatte, zu etwas Grübchenzeigen gebracht. Ich wusste mittlerweile schon, wie ich sie packen konnte.

Es waren noch mehrere Tagesordnungspunkte zu besprechen, bevor sich der Admiral direkt an uns wandte.

»Herr Professor, das dürfte Sie auch interessieren – und Frau Major, Sie bestimmt auch«, begann er.

In dem von den Klonen zurückeroberten Teil des Stützpunkts – »auch dank Ihrer Hilfe, Herr Professor!« – befand sich ein kleines vom Leiter der Klonpolizei »Klonfabrik« genanntes Labor. Dort konnten immerhin zwei Soldaten lebend befreit werden, für die anderen kam allerdings jede Hilfe zu spät. Auch mehrere gerade frisch fertiggestellte Klone konnten festgesetzt werden, sowie einige »Rohklone«, die noch nicht mit einer Identität versehen waren. Endlich hatten wir Zugriff auf Klone in mehreren Stadien und auch auf die gesamte Technik. Daher hatten alle verfügbaren Spezialisten der Klonpolizei und anderer Einheiten die hoch priorisierte Aufgabe bekommen, das Labor zu analysieren, seine Funktionsweise zu verstehen und endlich herauszufinden, was tatsächlich mit den Verschleppten geschehen war.

Der schon angezählte Leiter der Stützpunktsicherheit wurde erst einmal von seinem Posten suspendiert und in Gewahrsam genommen, weil er nicht erklären konnte, wie es der Gegner geschafft hatte, unter seinen Augen so ein Labor unbemerkt aufzubauen. Ich hoffte nur, dass wir hier nicht für Datenanalysen eingebunden wurden, auch weil wir dafür bestimmt vor Ort sein mussten und wir dort bestimmt recht viel Ekliges zu sehen bekamen.

Mit den Worten des Admirals »kommen wir nun wieder zu etwas Erfreulicherem« waren wir an der Reihe. Ich erläuterte kurz unser Vorgehen, dem Gegner fingierte Nachrichten zuzusenden, und es so zu unserem Vorteil zu nutzen, weil wir es geschafft hatten, die von Stützpunkt aus gesendete Nachricht zu entschlüsseln und analysieren zu können.

Die hohen Militärs am Tisch bekamen bleiche Gesichter, als ich auf dem großen Wandmonitor die dreidimensional aufbereiteten Teile mit Stützpunkt- und Planetenlage zeigte.

»Herr Professor, das haben Sie, wie die Klone, wieder einmal so nebenher herausgefunden?« 

»Eigentlich war es mehr ein Nebenprodukt.« 

Nach sehr kurzer Diskussion ohne Gegenstimme bekamen wir anschließend unser Vorhaben anstandslos genehmigt.

Mit »Professor, Major, falls Sie etwas brauchen, kommen Sie direkt zu mir« verabschiedete der Admiral uns.

Ich hatte nicht gedacht, bei Tanya noch mehr Eindruck schinden zu können (was mir, ehrlich gesagt, etwas peinlich war). Aber dennoch schaute sie mich wieder mit furchtbar großen Augen an, was bei mir ein leichtes Kribbeln in der Magengegend auslöste. Und ich dachte, ich hatte mich jetzt schon einigermaßen daran gewöhnt… 

Zum Glück wurde ich durch Dmitri abgelenkt, der sich über Funk meldete und uns zur Baustelle rief.

Zum ersten Mal sah ich alles in echt und nicht durch eine Überwachungskamera.

Wir wurden schon erwartet.

Dmitri und Eric berichteten uns über ihre Fortschritte, mehr über den Sender herauszufinden. Die Klone hatten es erstaunlich gut geschafft, ihre Art der Elektronik mit der unseren verbinden zu können. Herauszufinden, wie dies genau funktionierte, war etwas, das uns im weiteren Verlauf des Auseinandersetzung mit dem Gegner sicherlich einen gewissen Vorteil verschaffen konnte. Dennoch lagen unsere Prioritäten erst einmal darin, dass wir die Technologie soweit verstehen konnten, um eine oder mehrere Nachrichten an den Gegner senden zu können.

Schon tauchte das erste Problem auf.

»Wir brauchen etwas, womit wir genau zielen können«, meinte Eric mit ratlosem Gesichtsausdruck. »Die Klone haben das irgendwie per Hand gemacht, siehst du hier die Spuren im Sand?« 

Tanya hatte eine Idee und nahm mit dem Konferenzraum Funkkontakt auf.

»Paula, was genau wurde von der Kyushu Maru beim Nachschub an Kanonen eingelagert?«, fragte sie.

»Was sollen wir denn mit einer Kanone?«, fragte Eric.

Ich antwortete: »Ich glaube, worauf Tanya hinaus will. Ihr möchtet doch gerne ’was zum Zielen haben.« 

»Ach so, ja natürlich.« 

Kurze Zeit später piepste der Funk und Paula meldete sich.

Sie teilte mit: »Die komplette Backbord-Bugkanone und von der Steuerbord-Bugkanone die Lafette.« 

»Die Lafette inklusive der Zielsteuerung! Max, genau das brauchen wir«, meinte Tanya.

Auch Dmitri war von der Idee begeistert und nahm Kontakt mit dem Nachschub auf. Wiederum hatten Tanyas Gedanken sich ein wenig außerhalb des militärischen Befehlsdenkens bewegt. Mein Einfluss auf sie schien immer stärker zu werden und ich nahm mir vor, sie irgendwann einmal darauf ansprechen zu wollen.

Der Nachschub erklärte sich sofort bereit, die Lafette mit mit der entsprechenden Zielelektronik noch heute anzuliefern. Sie wollten darüber hinaus gleich ein paar Pioniere mitschicken, die der ganzen Konstruktion eine stabile Standfläche geben sollten.

Bis alles geliefert und aufgebaut war, konnten wir wieder in den Konferenzraum zurückkehren und uns darum kümmern, die Nachricht zusammenzustellen.

Uhrzeit: 1650 WPCT

Am frühen Nachmittag war es dann soweit. Die Pioniere hatten in kürzester Zeit mit schnellhärtendem Beton ein Fundament erstellt, auf das kurz darauf die japanische Lafette montiert werden konnte. Wir trafen gerade am Ort des Geschehens ein, als der kleine Kran vorsichtig auf die Lafette gehoben wurde. Die Pioniere zeigten viel Improvisationstalent, als sie zusammenfügten, was eigentlich nicht zusammen passte.

Im Baucontainer wurde die Zielelektronik aufgebaut und auf Erics Wunsch wurde alles bewusst nicht mit den Systemen des Stützpunkts verbunden, sondern die autarke Energieversorgung aus dem benachbarten Baucontainer beibehalten.

Nachdem alles verkabelt war und die Systeme zum ersten Mal eingeschaltet wurden, schien alles zu funktionieren. Dmitri setzte sich an die Zielkonsole und war nach kurzer Zeit sichtlich genervt.

»Max, die ganze Zielsoftware ist auf Japanisch. Ich kann hier zwar die Sprache umschalten, aber dann kommt zum Beispiel drucken hier fur machen ziel Backbord«, beschwerte er sich. »Oh Mann, das versteht kein Mensch! Wir brauchen dringend einen japanischen Kanonier, der erstens sich mit dem Kram hier auskennt und der zweitens vor allem besonders gut zielen kann.« 

Tanya erklärte sich aufgrund ihrer guten Kontakte zum japanischen Militär bereit, sich darum zu kümmern. Sie setzte sich an einen Rechner und nahm Kontakt mit den Japanern auf.

Schon nach kurzer Zeit hatte sie eine Antwort bekommen, und das japanische Militär wollte unverzüglich ihren besten Soldaten abkommandieren. So wie es aussah, hatte nicht nur ich besondere Beziehungen zu höheren Dienstgraden, sondern auch Tanya.

»Ihr bleibt hier«, sagte ich zu Eric und Dmitri, »der Japaner müsste bald da sein.« 

So wie Tanya mir vorgeschlagen hatte, die gegnerischen Nachrichten dreidimensional aufzubereiten, machte ich ihr nun den Vorschlag, die dreidimensionalen Flugbewegungen des Gegners in eine zweidimensionale Sicht zu überführen. In Dmitris reichhaltigem Softwarefundus fand ich ein kleines Softwarepaket mit dem vielversprechenden Namen 3Dto2D und machte mich mit Paulas Hilfe daran, einige Flugschreiberdaten »in etwas Flaches« umzuwandeln. Dmitri selbst sollte sich um das Zusammenstellen der Nachricht kümmern, so dass ich ihm nicht auch noch diese Aufgabe aufhalsen wollte.

In Dmitris üblicher Qualität gehalten, lieferte die Software schon bald die ersten Ergebnisse. Meine Vermutung hatte sich tatsächlich bestätigt: Wenn man das Hakenschlagen und die Drehungen des ganzen Verbands in der dritten Dimension entfernte, bot sich ein klares Manöverbild. Zu meiner Überraschung kochte der Gegner auch nur mit Wasser, und schlussendlich kristallisierten sich zwei Manöver heraus, die von ihm hauptsächlich angewandt wurden. Beiden gemeinsam war die Tatsache, dass es immer zwei Kampfschiffe gab, die erst von den anderen Schiffen besonders geschützt wurden, um dann zu einem bestimmten Zeitpunkt hervorzukommen und den Angriff einzuleiten.

»Das ist schon genial«, stellte Tanya fest. »Ich wäre nie auf die Idee gekommen, das Ganze ’mal flach zu machen.« 

»Ja, sozusagen das Gegenstück zu deiner dreidimensionalen Nachricht.« 

»Bevor ich jetzt wieder mit dem ›früheren Leben als Taktikoffizier‹ und so anfange: Wir ergänzen uns schon ganz gut.« 

Meine warm werdenden Ohren teilten mir mit, dass diese Ergänzung nicht nur beruflich sein konnte.

Aufgrund der charakteristischen Flugbahnen gab Paula den zwei Manövern in ihrer unnachahmlichen Art gleich Namen, nämlich »Manöver Tomahawk« und »Manöver Bumerang«.

Ich hatte das Gefühl, einen großen Schritt weitergekommen zu sein. Auf diesen Daten konnte das Taktik-Team aufbauen und entsprechende Gegenmaßnahmen planen.

Das Datenanalyse-Team hatte jetzt wieder Zeit, sich um das Zusammenstellen der Nachricht zu kümmern. Hier war Tanyas Taktikerfahrung gefragt, und so brachte sie den Vorschlag auf, in kleinen Schritten die Übernahme des Stützpunkts vorzutäuschen. Ausgehend von der Baustelle, die wohl das Hauptquartier der Klone darstellte, wurden für die erste zu sendende Nachricht zwei direkt anschließende Gebäudetrakte als »von uns eingenommen« gekennzeichnet. Zusätzlich wurden drei auf dem Flugfeld stehende Schiffe als »defekt« markiert, darunter nach Rücksprache mit den Japanern auch die Honshu Maru, um einerseits noch etwas Zeit für die Reparaturarbeiten zu gewinnen und andererseits sie als stille Reserve vorhalten zu können.

Bald kam auch die ersehnte Nachricht von der Baustelle. Obwohl wir eigentlich davon ausgehen mussten, dass alle Klone unschädlich gemacht worden waren, so hatte ich doch auf eine Art »Klon-Test« bestanden. Der japanische Kanonier verhielt sich aber vollkommen normal und nicht wie ein Klon, und so konnte Dmitri ihn in unseren Plan einweihen. Sehr erfreulich war schon nach kurzer Zeit, dass der japanische Kanonier sehr schnell in der Lage gewesen war, mit unser Konstruktion jedes nur erdenkliche Ziel anzupeilen.

Bis zum nächsten Sendezeitfenster verbleiben Eric und Dmitri noch etwas mehr als sechs Stunden, um die Datenübertragung von unseren Rechnern zum außerirdischen Sender einzurichten. Eric klang aber recht zuversichtlich, dies in der verbleibenden Zeit hinzubekommen.

Für Paula, Pepe und mich hieß es jetzt, die neu zusammengestellte Nachricht wieder durch unsere Analysesoftware laufen zu lassen, ob dann auch wieder die gleichen Informationen herauskamen. Es erforderte einigen Aufwand und viele Feinjustierungen an den Einstellungen von Dmitris Nachrichtenzusammenstellungsprogramm, um am Ende wieder das gleiche Ergebnis zu bekommen.

Damit war der erste Schritt beendet.

Der zweite Schritt bestand darin, die Nachricht zunächst nicht in das Zielgebiet zu senden, in dem wir den Gegner vermuteten, sondern zu einem unserer Schiffe. Dieses Schiff sollte die Nachricht auffangen und über den üblichen Weg uns wieder zukommen lassen. Dies war auch der erste Test, ob der von den Klonen erbeutete Sender immer noch funktionierte und ob der japanische Kanonier tatsächlich so gut zielen konnte, wie uns versprochen wurde.

Eric erschien im Konferenzraum mit einer erfreulichen Neuigkeit.

»Die Datenübertragung funktioniert. Habt ihr die Nachricht fertig?« 

Paula nickte und reichte ihm einen Datenträger mit der zusammengestellten Nachricht. Er nahm ihn entgegen und machte sich wieder auf den Weg zur Baustelle.

Der japanische Kanonier peilte das nächstgelegene Schiff im Orbit an und kurz darauf hatten Eric und Dmitri die Nachricht auf die außerirdische Sendeeinheit überspielen können. Nach nur wenigen Minuten hatten die beiden ihre letzten Tests beendet und waren bereit, die Nachricht an das Schiff zu senden.

Obwohl ich eigentlich schon eine Freigabe hatte, fragte ich noch einmal beim Generalstab nach, ob wir wirklich senden durften. Erwartungsgemäß bekam ich grünes Licht.

»Der Generalstab hat die Freigabe zur ersten Testsendung erteilt. Ihr könnt senden!«, meldete ich daher per Funk.

Schon kurz darauf gab Paula mir zu verstehen, dass ein Schiff ihr eine gegnerische Nachricht zugesandt hatte, die von dem Schiff aufgefangen werden konnte.

Nachdem die Nachricht durch Dmitris Prüfsoftware analysiert worden war, konnte ich zu meiner großen Erleichterung feststellen, dass die Nachricht erstens wirklich unsere Testnachricht war und zweitens tatsächlich noch dem entsprach, was wir vorher zusammengestellt hatten. Dieser Test war also auch geglückt – und wir waren sogar noch im Zeitrahmen, um diese Nachricht auch an den Gegner senden zu können.

In drei Stunden sollte sich das Zeitfenster öffnen, um das vermutete Rückzugsgebiet des Gegners in Reichweite das Senders haben zu können. Es dämmerte schon, und so gönnte ich allen eine längere Abendessenpause.

Uhrzeit: 2010 WPCT

Beim Essen wurde einstimmig beschlossen, dass aufgrund der Angespanntheit der Situation für dieses eine Mal unser »Dienstlich!«-Regelwerk außer Kraft gesetzt wurde.

»Schade, Dmitri hätte heute bestimmt die Hundert überschritten«, meinte Paula mit enttäuschtem Gesichtsausdruck.

Dmitri nahm sie in den Arm und meinte: »Aber du hättest doch nicht etwa gegen mich gestimmt?« 

Auch Tanya hatte sich mit ihrem Team eine kurze Auszeit gegönnt. Mit der nun zweidimensionalen Darstellung der gegnerischen Manöver waren sie tatsächlich deutlich schneller zum Ziel gekommen, nämlich für alle gegnerischen Manöver entsprechende Gegenmaßnahmen ergreifen zu können. Dieses war meiner Ansicht nach auch notwendig, denn wenn unsere Nachrichtensendungen Erfolg haben sollten, war es nur eine Frage der Zeit, bis der Gegner angreifen oder sich zumindest aus seiner Deckung bewegen würde. Außerdem hatte Tanya ausgearbeitet, wie wir die weiteren Nachrichten gestalten sollten, um den Gegner eine glaubhafte schrittweise Übernahme des Stützpunkts und der Schiffe im Orbit vorgaukeln zu können.

Nach der ausgiebigen Pause war es dann soweit: Der Zeitpunkt rückte näher, an dem die Nachricht an die vermutete Position des Gegners gesendet werden sollte.

Eric war zwar immer noch der Ansicht, dass die Nachricht entweder doch nicht ganz korrekt in das außerirdische Datenformat umgewandelt worden war oder unser Versuch, weil zu plump, gleich als Fälschung erkannt würde. Dennoch arbeitete er trotz der fortgeschrittenen Stunde fieberhaft mit, um die Nachricht senden zu können.

Der Generalstab hatte beschlossen, sofort nach Erreichen des Zeitfensters die Nachricht abzusetzen, um so zu simulieren, dass die Klone die erstbeste Gelegenheit genutzt hätten, einen aktualisierten Status mitteilen zu können. Vorgeschobene Einheiten wurden in leichte Alarmbereitschaft versetzt, falls der Gegner überraschend doch schon auf unsere erste Nachricht reagieren würde. Der japanische Kanonier peilte den Bereich der gegnerischen Verbände an und die Nachricht wurde gesendet.

Uhrzeit: 0335 WPCT

Tanya schlug vor, die nächste Nachricht an den Gegner so zu gestalten, dass es noch weitere Übernahmen und Zerstörungen durch die Klone gegeben hatte. Sie hatte die Hoffnung, dass eigentlich dadurch die Hauptstreitmacht des Gegners unsere restlichen Schiffe und auch den Stützpunkt mit wenig Aufwand einnehmen konnten.

»Eine Art von Fortschrittsbericht daraus zu machen, finde ich echt gut«, musste Eric anerkennen.

Nachdem der Generalstab den Inhalt genehmigt hatte, stellten wir die neue Nachricht zusammen. Ein Sende- und Empfangstest mit einem Schiff im Orbit war erfolgreich, und so waren wir startbereit, um am nächsten Tag die neue Nachricht senden zu können.

Das nächste Sendezeitfenster tat sich erst wieder in ein paar Stunden auf. Nun konnten wir nur auf die Reaktion des Gegners warten und begaben uns in unsere Quartiere, um uns von diesem doch sehr ereignisreichen und auch sehr langen Tag zu erholen.

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