Kapitel 2
Karibik

25 Meter | 3 Soldaten | 9,9 Sekunden

Langsam kam ich wieder zu mir. Aber irgend etwas war anders, da ich aus dem Frontfenster keine Sterne mehr sehen konnte, sondern aufgewirbelten Sand oder Staub. Die Aussicht kam mir auch sonst sehr merkwürdig vor. Ich befragte mein Elektronengehirn, wo sich das Schiff befand und wie lange ich bewusstlos war.

Die Antwort war dann unter der Rubrik »erschreckend« einzuordnen, da sich das Schiff sich auf dem Grund eines Gewässers befand. Meine Zentraleinheit und das BCNI waren darüber hinaus deaktiviert für etwas über einundsiebzig Stunden.

Viele Fragen begannen nun, durch mein – echtes – Gehirn zu kreisen.

Ich und mein Elektronengehirn waren drei Tage lang »weggetreten«? Und das Schiff lag auf dem Grund eines Sees? Etwa auf dem Meeresgrund? Eine Notwasserung konnte es wohl nicht gewesen sein oder wir waren schon recht tief gesunken. Einer noch funktionierenden Konsole mit flackerndem Bildschirm rang ich mühsam einen Statusbericht ab, da mein Elektronengehirn nicht mehr Zugriff auf alle Schiffssysteme bekam. Der Zustand des Schiffs war mehr oder weniger verheerend. Die Atmosphärentriebwerke waren voll Wasser gelaufen und das hatte Kurzschlüsse mit nachfolgender sofortiger Notabschaltung vieler Systeme verursacht. Das Schiff war ja eigentlich auch nicht wirklich für Unterwassereinsätze konstruiert worden.

Die Frage, warum ich ohnmächtig geworden war, musste ich erst einmal zurückstellen. Ob und wie das mit dem Absturz zusammenhängen konnte, war ebenfalls eine gute Frage. Jetzt gab es aber erst einmal dringendere Probleme.

Der Rumpf knackte an einigen Stellen bedenklich. Der Grund dafür wurde auch sofort von der Schiffskonsole nachgeliefert: An fünf Stellen wurden Hüllenbrüche geortet, hier unter Wasser bedeutete dies also: Lecks. Es konnten aber auch noch mehr sein, da nicht mehr alle Sensoren funktionsfähig waren. Zu guter Letzt war auch noch das Lebenserhaltungssystem durch mehrere Kurzschlüsse ausgefallen und das dazugehörige Reservesystem ebenfalls. Durch die Lecks strömte unaufhörlich Wasser ein, offensichlich Salzwasser, wie ein kurzer Geschmacktest zeigte. Das Wasser stieg schnell und bald stand ich bis zu den Knien und dann auch bis zur Hüfte im Wasser.

Das Elektronengehirn suchte im Hintergrund schon einmal alle Planeten mit Salzwasser-Ozeanen heraus, die uns bekannt waren. So hatte ich schon die Daten für die endgültige Bestimmung, wo genau wir uns befanden. Die Notluftflaschen hatten jeweils nur Luft für etwa eine halbe Stunde und mehrere waren schon durch das Salzwasser unbrauchbar geworden. Mir stellte sich daher die Frage, wie lange ich nach der vollständigen Flutung des Schiffs ohne Luftzufuhr überleben konnte. Das Elektronengehirn informierte mich, dass die Implantate wohl für eine autarke Versorgung des Körpers für etwa fünfundvierzig Minuten sorgen konnten.

Das sollte ausreichen, um an die Wasseroberfläche zu gelangen. Meine Implantate sollten mir auch dabei helfen, die Dekompression zu unterstützen.

Ich sprengte die Notluke auf, was aufgrund des fehlenden Gegendrucks recht unproblematisch ablief. Ich sah einen relativ großen blauen Fisch mit gelbem Muster nah an mir vorbeischwimmen. Laut der Aufzeichnungen des Elektronengehirns war dieser ein Fisch, der im Erdozean lebte und der Ende des einundzwanzigsten Jahrhunderts ausgestorben war, wobei Wiederansiedleungsversuche Mitte des zweiundzwanzigsten Jahrhunderts erfolglos gewesen waren.

Das Wort »ausgestorben« und die Jahresangabe trafen mich hart. Immerhin war es die Erde. Wenn die Angaben korrekt gewesen waren, habe ich soeben einen Zeitsprung von zwei- oder dreihundert Jahren in die Vergangenheit vollzogen. Zeitreisen waren doch eigentlich unmöglich. Wir konnten zwar mittlerweile durch Wurmlöcher schneller als das Licht in andere Bereiche der Galaxis fliegen, aber Zeitsprünge hatte noch niemand vollzogen.

Meine ganze Situation produzierte viele hässliche Fragen in meinem Kopf. Hatte ich jetzt schon durch meine reine Anwesenheit die Zukunft geändert? Bestand etwa die Gefahr eines Raum-Zeit-Paradoxons, so dass ich mich demnächst selber auflöse – und den ganzen Planeten gleich mit?

Hier auf dem Meeresgrund war das Sonnenlicht schwach zu erkennen. Ich schwamm langsam aufwärts in Richtung der Wasseroberfläche.

Die Tiefe war mit vom Elektronengehirn geschätzten fünfundzwanzig Metern noch hinnehmbar – ich hätte ja auch auf viertausend Meter Tiefe sinken und das Schiff sofort zerquetscht werden können. Mir fiel etwas ein. Solange wir noch Verbindung zu einigen Schiffssystemen hatten… Wieso sagte ich eigentlich immer »wir«, wenn ich von mir und meinem Elektronengehirn redete? Wie war dieser Zustand zu bezeichnen: »Alter Ego«? War das irgendeine psychische Störung? Eigentlich bräuchte ich noch ein paar Wochen Training, um mit meinen Implantaten vernünftig kommunizieren zu können, aber ich war jetzt hier in der verdammten Vergangenheit ohne Verbindung in »meine« Zeit gefangen!

Also gut: Solange noch Verbindung zum Schiff bestand, musste ich handeln, um hier in der Vergangenheit nicht allzu viele Spuren zu hinterlassen. Das Schiff war sowieso vollkommen unbrauchbar und bergen konnte ich auch nicht wirklich etwas. Daher ließ ich das Elektronengehirn die Selbstzerstörung aktivieren mit einem Countdown von sechzig Minuten.

Die Wasseroberfläche erreichte ich nach etwa einer halben Stunde; ich wollte ja nicht zu schnell aufsteigen. Ich öffnete die elektronischen Ventile in Luft- und Speiseröhre, hustete den Rest des Wassers aus und schaute mich um. Jetzt war mir auch klar, warum das Sonnenlicht so schwach zu erkennen war. Da ich mich in tropischen Gewässern befinden musste, wie die Identifikation des Fisches ergeben hatte, dämmerte es und das Sonnenlicht verschwand relativ schnell. Ich versuchte, soweit wie möglich vom Schiff wegzukommen. Die Energiespeicher hatte ich an Bord noch einmal so gut es ging aufgeladen, und so kam ich mit gleichmäßigen Kraulbewegungen zügig voran.

Schon bald meldete das Elektronengehirn, dass die Selbstzerstörung in dreißig Sekunden bevorstand.

Die ersten Sterne zeigten sich und ich versuchte, meine Position zu bestimmen. Dazu ließ ich vom Elektronengehirn mein rechtes Auge auf Nachtsichtmodus umschalten.

Ich hörte ein dumpfes Grollen und eine Seemeile weiter war eine kleine Wassersäule aufgestiegen, von der aus sich eine Welle auf mich zu bewegte. Von der Welle wurde ich sanft hoch- und dann wieder herunter gehoben, als sie mich erreichte. Die Selbstzerstörung des Schiffs war also erledigt. Nun zu meiner Position. Zunächst unterbrach mich jedoch mein Elektronengehirn und meldete, dass keinerlei elektromagnetischen Funkwellen zu finden waren. Ich ließ es nochmals alle bekannten inklusive der geheimen militärisch genutzten Frequenzbänder durchsuchen, aber es gab nichts, überhaupt nichts. Es war keine Nahfeldkommunikation zu messen, keine Satellitenkommunikation, keine Hyperraumkommunikation und noch nicht einmal Radio oder Fernsehen, wie es früher hieß. Auch das nächstgelegene Wurmloch »sendete« konstant auf seinen bekannten Frequenzen, was bedeutete, dass niemand es nutzte oder in jüngerer Vergangenheit genutzt hatte.

Ich musste also wohl die Jahreszahl noch einmal um zwei Jahrhunderte in die Vergangenheit korrigieren, also vor der Nutzbarmachung von elektromagnetischen Funkwellen. Laut Elektronengehirn lebten zum Beispiel Nikola Tesla oder Heinrich Hertz Ende des neunzehnten Jahrhunderts, daher musste ich meine jetzige Zeit auf das Ende des neunzehnten Jahrhunderts setzen. Da ich keine Funkpeilung haben konnte, musste das Elektronengehirn eben den Sternenhimmel analysieren und daraus den Zeitpunkt ermitteln. Ich hoffte nur, dass jetzt das Datum nicht noch weiter in die Vergangenheit verschoben werden musste, aber das tatsächliche Ergebnis hatte es dann doch in sich.

Anhand des Sternenhimmels ermittelte das Elektronengehirn als Datum den achten Mai 1581 und als Position zweiundzwanzig Seemeilen nordöstlich der Insel Grenada in der Karibik.

Glücklicherweise befand ich mich also nicht mitten im Ozean tausende von Seemeilen vom nächstgelegenen Land, sondern nicht allzu weit von dieser Insel entfernt. Das Navigationsmodul lieferte mir anhand der Sternenkonstellation den Kurs auf diese Insel und ich schwamm langsam, aber gleichmäßig los. Ich war ja schließlich kein Langstreckenschwimmer, obwohl es sich durch meine verstärkten Muskelkräfte so anfühlte.

1581. Schon lieferte mir das Elektronengehirn, was damals in dieser Gegend los war – und es war, drücken wir es einmal so aus, nicht die ruhigste Gegend der Erde zu dieser Zeit. Spanische Conquistadores befanden sich in der Eroberung Mittel- und Südamerikas sowie der karibischen Inseln, England und Spanien befanden sich deswegen inoffiziell in Kriegshandlungen, England unterstützte ebenfalls inoffiziell die hier ansässigen Piraten gegen Spanien.

Das waren ja keine guten Aussichten, denn ich war hier genau zwischen den Fronten gelandet. Ich musste daher höllisch aufpassen, nicht die Zukunft zu verändern. Womöglich war ich eines Tages höchstpersönlich dafür verantwortlich, dass es gar nicht Lateinamerika, sondern irgendwie anders heißen würde, Angelsächsischamerika oder so ähnlich.

Ich vertrieb mir die Zeit damit, dem Ganzen, immer bizarrere Namen zu geben, je nachdem, wer die Oberhand bekam. Als Favoriten kristallisierten sich Inkaamerika und Piratamerika heraus.

Die Insel erreichte ich im Morgengrauen. Ein paar hundert Meter östlich der Stelle, an der ich an Land gekommen war, befand sich die Mündung eines Süßwasserflusses. Das Salzwasser abwaschen zu können, war schon einmal gut, da ich nicht wusste, ob und wie meine Implantate auf den Kontakt mit Salzwasser reagierten. Ich ging daher in Richtung der Mündung. Ein dichter und undurchschaubarer Regenwald, aus dem ab und zu Tierlaute drangen, reichte bis direkt an den Strand. An der Flussmündung wich der Wald etwas vom Ufer zurück und mein Weg führte mich einige Meter entlang des Waldrandes flussaufwärts. Hier schien eine gute Stelle zu sein.

Ich zog meine gesamte Kleidung aus, spülte sie gründlich in Süßwasser und legte die Kleidungsstücke zum Trocknen auf ein paar am Flussufer liegende Steine in die Sonne, die jetzt immer höher stieg. Danach spülte ich auch von mir selbst die Salzwasserreste ab und nahm dabei mehrere große Schlucke Süßwasser. Ich ging aus dem Wasser und setzte mich auf einen großen Stein, um ebenfalls zu trocknen.

Ich schaute mich um. Eine Tropeninsel auf der Erde war – unbeachtet der politischen Lage zur Zeit – nicht die schlechteste aller Möglichkeiten; es hätte auch wesentlich schlimmer kommen können. Eine Wüste zum Beispiel. Oder ein Planet oder Mond mit nicht atembarer oder gar keiner Atmosphäre. Ein Eisplanet. Irgendwo im luftleeren Weltraum, am anderen Ende der Galaxie weit abseits jeglicher Raumstationen.

Ich streckte mich und genoss die wärmenden Sonnenstrahlen.

Der Trocknungsgrad sah nach etwa fünfzehn Minuten schon recht gut aus und so stand ich auf und wendete die Kleidungsstücke, so dass sie vollständig trocknen konnten. Ich setzte mich wieder auf den Stein und überlegte, wie es weitergehen sollte. Dank der Implantate und der gentechnischen Modifikationen würde ich deutlich langsamer altern, und so konnte ich mir vorstellen, an diesem Ort die nächsten einhundertfünfzig bis zweihundert Jahre zu verbringen. Ich würde in der tropischen Wärme eine ruhige Kugel schieben und dabei möglichst wenig ins Tagesgeschehen einzugreifen versuchen. Es gab aber ein Problem – für mich als Berufspessimisten gab es eigentlich immer ein Problem. Ich war der erste Hybrid im »Praxiseinsatz« und so konnte ich in keinster Weise voraussehen, wie der Alterungsprozess tatsächlich ablaufen würde.

Zunächst einmal wollte ich mir jedoch einen Unterschlupf suchen und etwas Nahrung beschaffen. Ich ging nicht davon aus, von dieser Insel in nächster Zeit wegkommen zu können.

Durch die warmen Sonnenstrahlen waren alle Kleidungsstücke und auch die Schuhe nach kurzer Zeit vollständig getrocknet. Ich kleidete mich wieder an und folgte dann dem Flusslauf ins Landesinnere.

Der Regenwald wurde immer dichter, je weiter ich mich von der Küste entfernte, und so musste ich mehr in als neben dem Fluss laufen. Das Trocknen der Schuhe war vollkommen umsonst gewesen. Dem nervenden Elektronengehirn hatte ich außerdem untersagt, jeden zu hörenden Tierlaut identifizieren zu wollen, was mir auf dem Fußmarsch eine angenehme innere Ruhe verschaffte.

Hinter der nächsten Flussbiegung hielt ich inne. Ich hörte ein Rauschen, welches vom Elektronengehirn als Wasserfall identifiziert wurde.

Tatsächlich konnte ich durch den dichten Wald in einiger Entfernung eine Gischtwolke und den dazugehörigen Wasserfall erkennen. Wo ein Wasserfall war, da waren auch Felsen, vielleicht eine Höhle. Zu meinem großen Missvergnügen war keine Detailkarte dieser Insel vorhanden, denn die Daten wurden im Ersten Interstellaren Krieg vernichtet. Dann wollte ich die Insel eben vollkommen neu erkunden und vermessen. Genügend Zeit hatte ich ja. Vielleicht gab es beim Wasserfall einen erhöhten Punkt, von dem aus ich eine bessere Übersicht bekam. Daher machte ich mich weiter auf den Weg in Richtung des Wasserfalls, immer am Ufer des kleinen Flusses entlang.

Nach etwa einer Dreiviertelstunde Fußmarsch, bedingt durch den mäandernden Lauf des Flusses, erreichte ich den Wasserfall, der sich in einen kleinen See ergoss. An sich war das eine landschaftlich sehr reizvolle Szenerie, wie geschaffen für eine Urlaubsreise. Ich war hier allerdings eher nicht zum Vergnügen, sondern musste mich nach einem Unterschlupf umsehen. Die neuen Fähigkeiten, die mir meine Implantate boten, nämlich mit den Augen in unterschiedliche Richtungen schauen zu können, konnte ich jetzt einmal ausprobieren, indem ich mein linkes Auge nach einer Höhle oder Ähnlichem suchen ließ und mein rechtes Auge auf den Pfad vor mir gerichtet hatte.

Über der jetzt im Hintergrund zu sehenden Bergkette zogen sich die Wolken immer dichter zusammen. Tropischer Regenwald, na klar. Von irgendwo her musste sich der Wasserfall ja speisen.

Da bald ein heftiges Tropengewitter aufzog, musste ich ich mir schleunigst ein Dach über dem Kopf suchen. Eine Felsöffnung direkt neben dem Wasserfall sah vielversprechend aus. Ich ging um den See herum und kletterte die Felswand herauf. Die Felsöffnung entpuppte sich tatsächlich als Höhle und bot einen gewissen Schutz, vor allem bei Gewittern oder wenn die Hurrikan-Saison startete.

Die Sturmsaison startete ja schon in einem Monat im Juni, daher beschloss ich, erst einmal hierzubleiben.

Das Elektronengehirn suchte in der Wissensdatenbank heraus, wie es speziell hier um diese Zeit in der Karibik gesehen mit den schweren Hurrikanen aussah. Gleich drei Mal, nämlich 1568, 1575 und 1615 wurde Puerto Rico getroffen. Erst mit dem Einsatz des globalen Wetterbeeinflussungssystems im zweiundzwanzigsten Jahrhundert konnte den Hurrikanen ihre Zerstörungskraft genommen werden. Hier in der Karibik war es also hurrikanmäßig nicht ganz risikolos, aber ich befand mich im Jahr 1581 und der nächste schwere Sturm würde daher sowieso erst in ein paar Jahren hier durchziehen.

Ich beschloss, das Innere der Höhle zu untersuchen und schaltete das rechte Auge in den Nachtsichtmodus.

Die Höhle ging etwas mehr als zwanzig Meter in den Fels hinein. Ich konnte keine Fledertiere, größere Reptilien oder Insekten entdecken, und so schaltete ich den Nachtsichtmodus wieder aus. Die kleine Höhle hatte ich also erst einmal für mich und ich begab mich wieder zum Höhleneingang. Ein großer Stein bot dort eine gute Sitzgelegenheit, um so die Umgebung beobachten zu können. Erst einmal zog ich die jetzt wieder nassen Schuhe aus.

Von hier oben konnte ich in der Ferne das türkisblaue Meer sehen, in das mein Schiff versunken war. Ein feiner Sprühnebel lag in der Luft, was die Tropenfeuchte noch ein wenig verstärkte. Das gleichmäßige Rauschen des Wasserfalls übertönte alle anderen Geräusche. Gegen dieses Rauschen konnten selbst die hochentwickelten Audio-Filter meines Elektronengehirns nichts ausrichten und so verlagerte ich mich auf die rein optische Aufklärung, welche vom Elektronengehirn durch einen Bewegungsdetektor unterstützt wurde.

Der Bewegungsdetektor erfasste einige Vögel, die in den Baumwipfeln des Regenwaldes umher flogen. Die Vögel waren zwar recht farbenfroh, aber interessierten mich zur Zeit nicht. Ich änderte daher den Suchbereich auf das unmittelbare Bodenniveau und schaltete das linke Auge auf automatischen Betrieb. An die Benutzung dieser Funktion musste ich mich erst gewöhnen; hätte ich nur noch mehr Übung gehabt. Mit dem rechten Auge schaute ich mir derweil die Umgebung des Sees an. Es gab sogar einen kleinen Sandstrand und ein paar Sandbänke an der Stelle, an welcher der See in den kleinen Fluss überging. Tatsächlich war es hier ein Umfeld zum Urlaub machen. Der See sah darüber hinaus tief genug aus; man könnte von hier aus sogar ein Klippenspringen veranstalten. Mittelfristig musste ich mir allerdings ein wenig Nahrung suchen, Trinkwasser war ja zum Glück ausreichend vorhanden, sogar fließend. Ich konnte den kleinen Felsabsatz dort am Wasserfall als Dusche… Die planenden Gedanken wurden vom Elektronengehirn unterbrochen.

Es hatte eine Bewegung auf dem Bodenniveau in der Nähe der Höhle entdeckt. Genauer gesagt handelte es such um eine einzelne Person, der drei Personen im Abstand folgten. Zudem verringert sich der Abstand zwischen der einzelnen Person und ihren offensichtlichen Verfolgern.

Ich schaltete das linke Auge wieder zu und sah, wie ein junges Mädchen von drei Männern in Uniform verfolgt wurde. Die Uniformen konnte ich anhand der Einträge in der Wissensdatenbank als Spanisch identifizieren; es waren ein »Sargento« und zwei »Cabo«. Ein spanischer Sergeant und zwei Corporals waren also hinter dem Mädchen her, aus welchen Gründen auch immer. Ich erinnerte mich, was die Wissensdatenbank über das sechzehnte Jahrhundert in der Karibik ausgesagt hatte: Die Spanier waren sozusagen der Feind.

Die Soldaten hatten das Mädchen jetzt eingeholt, da es plötzlich stark humpelte. Bei dem Mädchen handelte es sich eher um eine junge Frau, wie ich beim näheren Heranzoomen feststellen musste. Einer der Soldaten packte die junge Frau und ein anderer schlug ihr mit der flachen Hand ins Gesicht. Aus einem Nasenloch begann bald ein dünner Blutstrom zu fließen, der mit der Zeit etwas größer wurde. Ich erschrak – und wunderte mich, dass ich mich trotz des alles unter Kontrolle haltenden Elektronengehirns noch erschrecken konnte. Alles, was Recht war, aber das Schlagen kleiner Mädchen gehörte definitiv nicht dazu.

Sollte ich eingreifen? Ja, ich musste eingreifen! Das Elektronengehirn sprach sofort eine Warnung aus, dass der Eingriff die Zukunft unvorhersehbar verändern konnte.

Diese Warnung kam fast schon zu spät. Hatte ich nicht alleine durch meine pure Anwesenheit die Zukunft verändert? Hatte nicht die Sprengung des Schiffes das Meeres-Ökosystem an der Stelle für die Zukunft verändert? Kleine Ursache, große Wirkung? Wie war das noch gleich mit dem »Schmetterlingseffekt«: Kleine Ursache, große Wirkung?

Ich hatte also schon etwas verändert – unumkehrbar verändert! Wenn ich mich also sofort, morgen oder vielleicht erst nächste Woche in ein Paradoxon auflöse, so geschah das wenigstens in einer schönen Gegend!

Einer der Soldaten riss der jungen Frau ihr Kleid vom Leib. Sie hatten offenbar vor, sie zu missbrauchen. Das war zu viel.

Ich zog hastig die Schuhe wieder an, kletterte die Felswand herab und lief in schnellen Schritten um den See herum. Je weiter ich mich vom Wasserfall entfernte, desto besser konnte das Audio-Modul wieder andere Geräusche wahrnehmen. So konnte ich bald darauf das angstvolle Wimmern des Mädchens und auch das Gejohle der Soldaten hören. Zügig näherte ich mich der kleinen Lichtung, auf der sich die Soldaten und das Mädchen aufhielten. Nun musste ich mir eine Taktik überlegen, wie ich die Soldaten überwältigen und das Mädchen aus ihrer Gewalt befreien könnte. Drei bewaffnete Männer gegen einen unbewaffneten; ich war ja auf einem Trainingsflug in befriedetem Gebiet unterwegs gewesen und hatte daher auch keine Waffen bei mir. Ich hatte allerdings zwei Dinge auf meiner Seite: Erstens das Überraschungsmoment sowie zweitens die Kraft und Schnelligkeit, die ich dank meiner Implantate neu hinzugewonnen hatte.

Jetzt war ich so weit vorgedrungen, dass ich einzelne Stimmen unterscheiden konnte. Die Sprache wurde als Spanisch identifiziert und das Elektronengehirn aktivierte das entsprechende Sprachmodul. Soeben hatte ich interessante Funktion des Elektronengehirns kennengelernt, die ich gerne weiter erforscht hätte, aber jetzt hatte ich erst einmal andere Prioritäten.

»Lasst mich doch endlich in Ruhe!«, hörte ich das Mädchen die Soldaten anflehen.

Der Sergeant entgegnete: »Das hättest du wohl gerne!« und knöpfte sich seine Hose auf.

Ich hatte zwar erst zwei Kampftrainingseinheiten mit den neuen Implantaten absolviert, um meine neu gewonnenen Fähigkeiten und Kräfte sinnvoll einsetzen zu können, aber das musste reichen. Auf meine Gedanken, was ich für eine Kampftechnik nehmen sollte, lieferte mir das Elektronengehirn eine Karatetechnik-Vorlesung, was ich aber sofort abbrach. Das Elektronengehirn sollte besser die Aktionen und Reaktionen spontan nach den Reaktionen meiner Gegner festlegen.

Die Gelegenheit war günstig, da einer der Soldaten mit heruntergelassener Hose dastand.

Ich startete den Angriff und trat hinter dem Baum hervor, hinter dem ich mich versteckt hatte. Der plötzliche Angriff traf die Soldaten vollkommen unvorbereitet. Den ersten erwischte ich mit meiner Fußspitze an der Halsschlagader, so dass er sofort zusammensackte. Der zweite bekam einen Faustschlag in die Magengegend und sackte ebenfalls zusammen. Zwischenzeitlich hatte der dritte Soldat, der Sergeant, seine Hose wieder hochgezogen und ging mit seinem Säbel in der Hand auf mich los. Ich sah aus dem Augenwinkel, dass das Mädchen sich an einen Baumstamm gelehnt hatte und versuchte, sich das Blut aus dem Gesicht zu wischen. Ich schaute sie an, lächelte leicht und zwinkerte mit dem rechten Auge. Dem Sergeant trat ich seinen Säbel mit einem gezielten Fußtritt aus der Hand, um nach einer Drehung ihn mit einem Tritt in sein Gesicht kampfunfähig zu machen.

»Und das ist dafür, dass du jungen ›muchachas‹ ins Gesicht schlägst!«, fauchte ich auf Spanisch.

Der Sergeant fiel mit blutender Nase auf den Boden und blieb regungslos liegen. Ich schaute mich um. Keiner der Soldaten bewegte sich mehr. Nicht schlecht für den ersten Nahkampf mit Implantaten unter »Echtbedingungen« nach so wenig Training. Ich hob das Kleid vom Boden auf, klopfte Staub und Blätter ab und reichte es dem Mädchen. Das unbekleidete und verängstigte Mädchen kauerte sich aber nur noch weiter zusammen und schaute mich mit angsterfüllten Augen an.

Ich warf ihr das Kleid zu und sagte freundlich: »Komm’ schon! Ich werde die auch nichts tun! Wir müssen hier verschwinden, bevor das Gewitter oder weitere Soldaten kommen!« 

Sie schaute mich an und versuchte aufzustehen. Sofort knickte das rechte Bein ein, als sie den rechten Fuß belasten wollte. Ich schaute mir die Fußsohle an und entdeckte einen großen Holzsplitter.

Ich bot ihr an, den Splitter zu entfernen, aber sie zog jedoch das Bein zurück und versuchte selbst, sich den Splitter herauszuziehen. Dies gelang auch, aber bald blutete die Wunde etwas. Ich riss aus dem Hemd eines Soldaten mehrere Stoffstreifen heraus und faltete sie zusammen.

Ich beugte mich über das Mädchen und meinte: »Ich muss das verbinden und die Blutung stoppen. Kann ich dir nicht bitte endlich helfen?« 

Ihr schwaches Nicken interpretierte ich als Zustimmung und so konnte ich mit einem der Stoffstücke die Wunde reinigen. Mit einem anderen Stoffstück legte ich einen Verband an. Danach bat ich das Mädchen, aufzustehen und den Fuß testweise zu belasten.

Das Elektronengehirn unterbrach mich, weil es Alarm schlug, da es eine Annäherung aus einer Entfernung von zwei Metern und aus Richtung fünf Uhr wahrgenommen hatte. Einer der Soldaten war offensichtlich wieder zu sich gekommen und hatte aufstehen können. Ich drehte mich blitzschnell nach rechts und verpasste ihm einen Tritt, so dass er wieder zu Boden ging. Das Mädchen schaute mich mit noch weiter aufgerissenen Augen an. Von einer Art »Annäherungsalarm« hatte mir auch noch niemand etwas erzählen können. Ich war gespannt, was noch alles an versteckten Dingen in meinem Elektronengehirn auftauchen würde. Wie nannte man das? »Ostereier«.

In der Ferne hörte ich Donnergrollen, so dass ich zum Ostereiersuchen jetzt keine Zeit hatte.

»Wir müssen jetzt hier wirklich weg. Zieh’ dich an! Geht es mit dem Laufen?« 

Sie nickte leicht und versuchte, sich ihr Kleid überzuziehen. Es war so zerrissen, dass es erneut herabrutschte und sie wieder unbekleidet da stand. Sie versuchte es erneut und bei diesem Versuch rutschte das Kleid nicht mehr herunter. Es bestand aber im Prinzip nur noch aus Fetzen und so zeigte es mehr, als es verhüllte. Ich fragte mich, wieso ich mich nicht zu ihr hingezogen fühlte, da ihr frühreifer Körper in seiner unbekleideten Gesamtheit wirklich nicht unattraktiv war – auch wenn ich fürwahr eher auf reifere Frauen stand. Altersmäßig konnte die Kleine schließlich meine Tochter sein. Es war mein Elektronengehirn, welches umgehend eine Antwort lieferte.

Offenbar hatte ich eine Art Verteidigungsmechanismus eingebaut bekommen, so dass sexuelle Gefühle während Kampfhandlungen deaktiviert wurden und explizit wieder eingeschaltet werden mussten. Wieder hatte ich so ein »Osterei« entdeckt! Um mich nicht unnötig abzulenken, ließ ich die sexuellen Gefühle erst einmal ausgeschaltet. Es war interessant, dass an so eine Funktionalität überhaupt gedacht wurde, als jemand die Aufgabe bekommen hatte, das Elektronengehirn zu programmieren.

Ich zog mein Hemd aus und reichte es dem Mädchen.

»Wer bist du?«, fragte sie, als sie das Hemd entgegen nahm und die aufgenähten Abzeichen sah. »Woher kommst du? Spanier bist du nicht.« 

Sie hatte offensichtlich ihre Sprache wiedergefunden. Die auf dem Hemd sichtbaren Schriftzeichen konnte sie natürlich nicht entziffern – sofern sie überhaupt lesen und schreiben konnte –, da diese Schrift erst in etwa siebenhundert Jahren von einer außerirdischen Zivilisation übernommen und als so genannte »Galaktische Standardschrift« für die gesamte Raumfahrt festgelegt werden würde. Um nicht immer wieder dieselben Fragen beantworten zu müssen, war es dringend erforderlich, mir irgend eine Art einer zu mir und zu der Epoche passende Identität zuzulegen. Spanier ging nicht, schon wegen meiner blauen Augen. Engländer und Niederländer auch nicht, da ich keiner möglichen Kriegspartei hier in der Gegend angehören wollte. Also nahm ich das Deutsche Reich.

Der passende Namensvorschlag des Elektronengehirns war daraufhin Johannes von Eysenbruch. Dieser passte auch zu meinem Aussehen. Meine Identität konnte sowieso niemand hier fernab des Deutschen Reichs verifizieren – und ein weltumspannendes Datennetz zur sofortigen Überprüfung würde erst etwa vierhundert Jahre später in den Startlöchern stehen. Das Elektronengehirn lieferte auch gleich andere dazu passende Daten mit.

Das Mädchen hatte sich mein Hemd übergestreift und zugeknöpft. Die Ärmel waren natürlich viel zu lang und ich krempelte sie hoch. Ich trat einen Schritt zurück. Das für das Mädchen deutlich zu große Hemd sah jetzt an ihr wie ein Kleid aus.

»Na also, geht doch«, stellte ich zufrieden fest. »Mein Name ist Johannes. Johannes von Eysenbruch aus Hamburg im Deutschen Reich, einer Hafenstadt weit jenseits des großen Meeres in Europa. Mein Schiff ist gesunken und ich habe mich gerade so hier an Land retten können.« 

Letzteres entsprach sogar halbwegs der Wahrheit. Was für ein Schiff das genau war, musste ich ja nicht preisgeben.

»Mein Name ist Carmen. Mein Dorf liegt dort bei den Bergen.« 

Sie zeigte in die Richtung, aus der sie und die Soldaten gekommen waren.

Die Sonne zog sich hinter dunkle Wolken zurück und wieder war leiser Donner zu hören. Ich nahm dem Sergeant seinen Dolch ab und befestigte das Futteral am meinem Gürtel. Einer der anderen Soldaten trug ebenfalls einen Dolch, den ich Carmen reichte.

»Kannst du damit umgehen?«, fragte ich sie.

Sie nickte und meinte: »So wie du kämpfen kannst, brauchst du eigentlich keine Waffen. Du hast – unbewaffnet! – drei spanische Soldaten kampfunfähig gemacht und du bist schnell, sehr schnell. So etwas habe ich noch nie gesehen.« 

Sie war sehr aufmerksam; ich musste mir merken, zukünftig darauf acht zu geben. Ich konnte ihr allerdings nicht preisgeben, dass ich sozusagen ein »Mensch-Maschine-Krieger« aus der Zukunft war, obwohl ich sie eigentlich für nicht unintelligent hielt. Als Konsequenz daraus wollte ich ab jetzt versuchen, nur noch in äußersten Notsituationen meine Fähigkeiten so offen zur Schau zu stellen.

Ich schaute ihr tief in die Augen und sagte zu ihr: »Es wäre schön, wenn wir beide mein kleines Geheimnis erst einmal für uns behalten könnten. Wir müssen jetzt aber wirklich gehen, bevor das Gewitter da ist. Ich höre schon wieder einen Donner!« 

Aus der Lufttemperatur, dem Luftdruck und der relativen Luftfeuchtigkeit errechnete das Elektronengehirn den Ort des Blitzeinschlags in etwas mehr als drei Kilometer Entfernung. Da war ja eine interessante Funktion, die da wieder einmal im meinem Elektronengehirn versteckt war. Vor nicht allzu langer Zeit hatte ich bei Gewittern noch einfach »einundzwanzig, zweiundzwanzig, …« gezählt.

Carmen stand auf, ich nahm sie an die Hand und wir machten uns auf den Weg Richtung Höhle. Wegen ihres verletzten Fußes kamen wir aber nur langsam voran. Wenn wir diese Geschwindigkeit beibehalten, würden wir die Höhle niemals rechtzeitig vor dem Regenguss erreichen. Obwohl es mir körperlich und auch technisch nichts ausmachte, wollte ich nicht schon wieder vollkommen durchnässt werden. Daher blieb ich stehen.

»Carmen, ich werde dich jetzt tragen, damit wir schneller werden. Ich mag nämlich keine Gewitter.« 

Nicht dass ich die Gewitterangst nur vortäuschte, um so weiter ihr Vertrauen gewinnen zu können, aber mir war nicht ganz wohl bei dem Gedanken eines Blitzeinschlags in unmittelbarer Nähe meiner implantierten – hochsensiblen – Elektronik. Das Elektronengehirnberuhigte mich, dass Kernsystem-Module der Kategorien A, B und C, was immer diese auch waren, gegen (nukleare) elektromagnetische Impulse und Blitzeinschläge abgeschirmt waren. Alle anderen Systeme müssten dagegen vorübergehend abgeschaltet werden, was mir nicht ganz einleuchtete. Sollte ich dann bei Gewittern einfach stehen bleiben? Ich hoffte, dass die Abschaltung nicht automatisch und ohne Vorwarnung erfolgte.

Der Hinweis, dass zur Deaktivierung ist ein expliziter Befehl erforderlich war, beruhigte mich etwas, da ich nicht plötzlich irgendwo stehen bleiben würde. Ich nahm Carmen auf den Arm und sie schlang ihre Arme um meinen Hals. Nun kamen wir schon bedeutend schneller voran und bald erreichten wir den See mit dem Wasserfall. An der Felswand angekommen, schaute ich mich um. Auch das Elektronengehirn hatte eine Verfolger detektiert.

Ich wies Carmen an, sich jetzt besonders fest an mich zu klammern, so dass ich eine Hand frei bekam. Daher konnte ich jetzt mit ihr vorsichtig die Felswand hinauf klettern. Auf den letzten Metern vor dem Höhleneingang trafen uns noch ein paar große Regentropfen, aber als der Gewitterguss seine volle Stärke erreichte, waren wir schon im Schutz der Höhle angekommen. Ich setzte das Mädchen auf dem Boden ab. Vor der Höhle prasselte der schwere Tropenregen herunter und übertönte sogar noch das Rauschen des Wasserfalls.

Carmen schaute auf das Hemd, von welchem einige Regentropfen abgeperlt waren. Sie strich mit der Hand über den Stoff, befühlte ihn zwischen den Fingern und begutachtete die Nähte.

»Was ist das für ein Stoff, in dem ich nicht schwitze, der aber auch nicht nass wird, wenn Regen auf ihn fällt?«, fragte sie. »Und wer kann so feine Nähte herstellen? Meine Eltern – und ich auch – sind Schneider, ich weiß also, wovon ich rede. Gibt es so einen Stoff jenseits des großen Meeres zu kaufen?« 

Wieder einmal war ich in eine Technologie-Falle getappt und musste versuchen, diese zu umschiffen. Nähmaschinen sowie wasserabweisende und atmungsaktive Textilien gab es im Jahr 1581 natürlich noch nicht.

Ich dehnte die Wahrheit wieder einmal etwas stärker, indem ich sagte: »Ja, das ist ein spezieller Stoff, den man aber noch nicht kaufen kann.« 

Dass das »noch nicht« die Zeitspanne von etwa fünfhundert Jahren umfassen würde, verschwieg ich allerdings.

Sie ließ aber nicht locker und fragte: »Kannst du mir und meinen Eltern trotzdem so einen Stoff besorgen?« 

»Ich bin Forschungsreisender, kein Händler«, rechtfertigte ich mich, meine Legende beachtend.

Erfreulicherweise wurde diese Konversation durch einen sehr hellen Blitz unterbrochen, der fast zeitgleich auf einen krachenden Donner folgte. Ich war also noch einmal davon gekommen, auch noch die feinen und gleichmäßigen Nähte des Hemds erklären zu müssen. Carmen klammerte sich an mich und zitterte leicht.

Ich nahm sie in den Arm und meinte: »Gut, dass wir es hier trocken haben.« 

Eine der Eigenschaften des Tageszeitenklimas sind die kurzen Gewitter, und so hörte der Starkregen nach wenigen Minuten wieder auf. Nun war der Wasserfall wieder das lauteste Geräusch. Der Regenguss kam genau zur richtigen Zeit, hatte er doch alle unsere Spuren, die von den überwältigten Soldaten hierher zur Höhle führten, gründlich verwischt. Es wurde zügig wieder heller und ich konnte beobachten, wie von den Baumkronen leichte Nebelschwaden aufstiegen, die sich aber sehr schnell in der heißen Äquatorsonne wieder auflösten.

Ich beschloss, mir Carmens verletzten Fuß anzusehen, da ich auf dem Verband kleine rote Stellen entdeckt hatte. Vorsichtig wickelte ich den Verband ab und sah mir die Wunde genauer an. Das Nasenbluten hatte von selbst aufgehört, so dass ich mich nicht darum kümmern musste. Eine Rötung der Wundränder war ein Anzeichen für eine beginnende Entzündung, wobei das Tropenklima die Entzündung auch noch beschleunigen konnte.

Das Elektronengehirn riet mir Medikamentengabe an, dummerweise hatte ich allerdings das Erste-Hilfe-Päckchen aus dem Schiff auf dem offenen Meer verloren, ohne es zu merken. So war ich gezwungen, auf Naturheilmittel auszuweichen. Ich gab Carmen zu verstehen, dass ich im Wald nach etwas Medizin für ihren Fuß suchen wollte und bat sie daher, nicht zu versuchen, die Felswand alleine herunter klettern zu wollen. Ihr Vertrauen in mich war offenbar weiter gewachsen und so versicherte sie, dass sie auf jeden Fall auf mich warten wollte.

Ich kletterte vorsichtig die Felswand hinunter, die vom Regen an einigen Stellen noch recht nass war. Ich versuchte es als Erstes an der Stelle, an welcher der Urwald am dichtesten war, denn hier in einem Tropischen Regenwald mit seiner vielfältigen Fauna musste es doch etwas Passendes geben. Ich beschloss, die Suche abzukürzen und die nächstbeste halbwegs taugliche Pflanze zu nehmen; die spanischen Soldaten konnten jederzeit hier auf der Bildfläche erscheinen. Gesteuert vom Elektronengehirn fokussierten sich meine Augen auf eine schilfartige und etwa kniehohe Pflanze mit gelbvioletten Blüten. Es meinte, in Ingwer die richtige Pflanze gefunden zu haben. Ich sollte die Wurzel ausgraben und den austretenden zähflüssigen Saft auf die Wunde auftragen.

Ich kannte Ingwer bisher nur als Würzmittel bei der Speisenzubereitung und war sehr gespannt, ob dies funktionieren würde. Vorsichtig grub ich die Pflanze mit den Händen aus. Die zum Vorschein kommende Wurzelknolle sah jetzt schon eher wie der Ingwer aus, wie ich ihn aus der Küche kannte. Außer ein paar Waldtieren, einem plätschernden Bach und dem entfernten Rauschen des Wasserfalls war kein weiteres Geräusch zu hören, auch nicht von spanischen Soldaten. Ich brach den oberen Teil der Pflanze und die Wurzeln ab, so dass ich nur noch die Ingwerknolle in der Hand hielt. Da ich wahrscheinlich die richtige Pflanze gefunden hatte, konnte ich mich wieder auf den Rückweg zur Höhle machen. Die Knolle und auch meine Hände wusch ich in dem nahegelegenen Bach gründlich aus.

Auf dem Weg zurück zur Höhle blieb mein Blick an einer Bananenstaude hängen. Ich erinnerte mich daran, dass ich als Hybrid mit meiner halbwegs autarken Energieversorgung zwar unter Umständen einige Wochen ohne Nahrung auskommen könnte – ausreichendes Sonnenlicht zum Aufladen der Energiespeicher vorausgesetzt –, das Mädchen aber jedoch nicht. Da ich nicht wusste, wie lange sie schon vor den Spaniern auf der Flucht war, beschloss ich, ihr etwas Nahrung zu besorgen. Daher riss ich die kleine Staude mit schon recht reifen Bananen ab. Mit der Staude unter den Arm geklemmt und mit der Ingwerknolle in der Tasche begab ich zum See.

Carmen begann zu lachen, als ich so an der Höhle ankam. Dass sie lachte, schien schon einmal ein gutes Zeichen zu sein. Ich fragte sie, ob sie hungrig wäre und reichte ihr die Bananenstaude. Zunächst wollte ich mich jedoch um ihren Fuß kümmern. Ich holte die Ingwerknolle aus der Tasche, presste etwas milchigen Saft aus ihr heraus und strich diesen vorsichtig mit meinem Zeigefinger auf Carmens Fußwunde. Anschließend verband ich den Fuß wieder mit einem frischen Stück Stoff.

Das Mädchen schien tatsächlich sehr hungrig gewesen zu sein, denn in kürzester Zeit hatte Carmen drei Bananen vollständig aufgegessen. Direkt am Höhleneingang lief ein kleines Rinnsal, ein »Ableger« des Wasserfalls, den Fels herunter. Ich zeigte Carmen dieses Rinnsal und sie nahm ein paar kräftige Schlucke. Satt aussehend setzte sie sich wieder auf den Stein.

Ich überlegte, wie es jetzt weitergehen sollte, könnte, musste. Aus dieser Zeitepoche kam ich in nächster Zukunft sowieso nicht mehr zurück in meine Zeit. Und jetzt hatte ich auch noch – mehr oder weniger freiwillig – die Verantwortung für ein junges Mädchen übernommen, die meine Tochter gewesen sein konnte, und konnte sie nicht gleich wieder abgeben. Sie konnte oder wollte aber mir noch nicht preisgeben, was genau ihr zugestoßen und wie lange sie schon auf der Flucht vor den spanischen Soldaten gewesen war. Ich hatte ja lediglich sozusagen die Schlussphase mitbekommen, als die Soldaten sie missbrauchen und eventuell töten wollten. Da das Trauma bei ihr wohl noch sehr stark war, beschloss ich, sie zunächst nicht entsprechend darauf ansprechen zu wollen.

Ich sagte daher zu ihr: »Wir bleiben erst einmal hier, bis dein Fuß auskuriert ist, und dann sehen wir weiter. Ist das in Ordnung?« 

Sie bejahte; zum Glück. Ich hätte nicht gewusst, was passiert wäre, wenn ich sie einfach hätte gehen lassen müssen. Da es bereits dämmerte, war es aber sowieso nicht mehr sinnvoll, heute noch aufbrechen zu wollen – obwohl meine Nachsichtfähigkeiten dies durchaus hätten zulassen können. Carmen sah außerdem recht erschöpft aus und sollte sich erst einmal ausschlafen. Bevor wir zu einem längeren Fußmarsch aufbrechen konnten, musste auch ihr Fuß ausreichend ausgeheilt sein.

»Schlaf’ erst einmal. Wir sehen morgen weiter«, meinte ich.

Ich versuchte, aus dem Sand einige größere Steine herauszusammeln, so dass das Mädchen eine halbwegs bequeme Schlafstatt bekam. Ihr zerrissenes Kleid knüllte ich zu einem Kopfkissen zusammen. Die Tropendämmerung dauerte wieder nur einige Minuten und ein recht heller Mond spendete dann noch so viel Restlicht, so dass ich meinen Nachtsichtmodus noch nicht einzuschalten brauchte. Carmen legte sich auf ihr improvisiertes Bett und war nach kürzester Zeit eingeschlafen, wie ich an ihren gleichmäßigen Atemzügen erkennen konnte. Nun war ich mit meinen Gedanken alleine und konnte beginnen, diese zu sortieren.

Mehrere hundert Jahre war ich nun also in die Vergangenheit katapultiert worden. Ich hatte mein Schiff – eher unabsichtlich – in einem Meer versenkt und mit der Selbstzerstörung in tausende von Teilen gesprengt. Ich hatte einem jungen Mädchen wahrscheinlich das Leben gerettet, Rettung für mich selbst war dagegen erst einmal nicht in Sicht. Vielleicht hatte ich Krankheiten in mir, unter Umständen auch Virenstämme außerirdischer Herkunft, gegen die ich zwar immun war, aber die Menschen hier nicht. Und ich hatte direkten Kontakt zu einem jungen Mädchen.

Bei mir wurde zwar eine Immunisierung durchgeführt gegen alles Mögliche, aber es würde schon früher oder später deutlich werden, wenn alle um mich herum an mysteriösen Symptomen erkrankten. Und das war noch nicht einmal das Schlimmste; ich war mir nämlich nicht sicher, wie lange es ohne Systemaktualisierungen gut gehen könnte. Fast ein die Hälfte von mir war ja im Prinzip eine Art Computer, und wie alle Computer benötigte auch dieser ab und zu eine Aktualisierung seiner Software. Noch gut konnte ich mich an einen fiesen Programmfehler erinnern; das war zu der Zeit, als ich gerade meine Implantate frisch bekommen hatte. Unter bestimmten Umständen konnte es nämlich passieren, dass Hybride ihr linkes Bein nicht mehr bewegen konnten. Hier, etwa achthundert Jahre von jedem Update-Server entfernt, könnte das vielleicht meinen Tod bedeuten – und jetzt auch noch den Tod des Mädchens, für das ich mich verantwortlich fühlte. Nun konnte ich nur hoffen, dass in der Software keine weiteren Fehler mehr urplötzlich auftauchten. In achthundert Jahren, falls ich solange technisch und körperlich am Leben bleiben würde, konnte ich mein Elektronengehirn dann ja wieder mit der aktuellen Software bestücken lassen.

Ich musste außerdem immer noch jederzeit damit rechnen, durch ein Raum-Zeit-Paradoxon ins Nichts gerissen zu werden – und meine mehr oder weniger direkte Umgebung eventuell gleich mit. Trotzdem musste ich mich jetzt in irgendeiner Form mit der Situation arrangieren. Ewig konnten wir in dieser Höhle nicht bleiben. Die Kleine brauchte etwas Vernünftiges zum Anziehen. Ihr Fuß musste heilen. Wir mussten ihre Eltern finden. Langsam begann ich mir außerdem die Frage zu stellen, warum ich gleich beim ersten Flug ohne Copilot… 

Seit dem Start im Raumdock war ich noch nicht richtig zur Ruhe gekommen, die »Bewusstlosigkeit« eimal ausgenommen. Bevor mich noch die weiteren Stunden bis zum Morgengrauen die Gedanken umkreisten und mein Elektronengehirn und ich verschiedene Szenarien durchspielen würden, wollte ich auch noch etwas Schlaf finden. Ich hörte, wie Carmen weiterhin gleichmäßige Atemzüge von sich gab.

Nun war es natürlich so, dass Hybride zwar keinen Schlaf im klassischen Sinne benötigten, aber andererseits auch gar nicht richtig schlafen konnten. Mein Elektronengehirn arbeitete nämlich einfach in vollem Umfang weiter, es war, wie jede Steuerhard- und -software, rund und die Uhr im Dienst. Aber die Softwareentwickler hatten trotzdem so eine Art »Schlaf« für uns Hybride vorgesehen, da unsereiner auch einmal zur Ruhe kommen musste, um im wörtlichen Sinne »abschalten« zu können. Daher setzte ich mich an die Höhlenwand und lehnte mich an den Fels. Ich ließ den Hibernationsmodus und die Nahfeldüberwachung aktivieren.

Augenblicklich wurde mir schwarz vor Augen und ich sackte etwas zusammen. Es begann etwas, was man bei einem Nicht-Hybriden wohl als »tiefen und traumlosen Schlaf« bezeichnen würde.

Gegen ein Uhr nachts wurde ich dann vom Elektronengehirn »geweckt«, da Carmen im Schlaf laut nach ihrer Mutter gerufen hatte.

Die nächsten Tage verbrachten wir noch in der Höhle und ich sammelte täglich ein paar Früchte für Carmen. Ich selbst begnügte mich mit ein paar kleineren Portionen. Dank des Ingwersafts besserte sich ihre Fußwunde zusehends. Einmal kurz registrierte ich Bewegungen von der Stelle, an der ich die Spanier überwältigt hatte, aber ich beschloss, nicht genauer nachsehen zu wollen, um unseren Aufenthaltsort nicht preisgeben zu müssen.

Am zweiten Tag passierte es dann. Carmen schaute mich mit großen Augen an und hielt meinen rechten Arm umklammert, als ich gerade einmal wieder die Höhle verlassen wollte. Sie stellte die unvermeidliche Frage, die irgendwann einmal kommen musste. Ich hatte nur nicht erwartet, dass dies schon nach zwei Tagen der Fall sein würde.

»Wer bist du wirklich? Du bist nicht nur sehr stark und kämpfst wie ein Soldat, du kannst auch Dinge erkennen, die hinter dir sind. Du weißt sehr viel und du kennst dich auch mit Medizin aus. Ich habe dich beobachtet: Du kommst fast ohne Essen und Trinken aus. Du hast merkwürdige Kleidung an. Ich muss dich also nochmals fragen: Wer bist du wirklich?« 

Um nicht das erst aufgebaute Vertrauensverhältnis gleich wieder zu zerstören und da dieses intelligente Mädchen wohl die Wahrheit vertragen konnte, beschloss ich, reinen Tisch zu machen.

Ich setzte mich vor sie und sagte: »Carmen, was ich dir jetzt mitteile, muss aber unter uns bleiben! Ich heiße zwar John und nicht Johannes, bin aber wirkllich ein Soldat. Gestatten, Second Lieutenant John Fox von der Dritten Jagddivision der Raumflotte. ›Raumflotte‹ bedeutet, ich fliege zwischen den Sternen umher. Geboren wurde – werde – ich am einundzwanzigsten Januar 2365 nach deiner Zeitrechnung; jetzt haben wir das Jahr 1581. Ich bin eine Mensch-Maschine, das heißt nach einem schweren Unfall wurden Teile von mir durch künstliche Teile ersetzt, während die ›Hülle‹ aber menschlich blieb. Durch eine Fehlfunktion meines Raumschiffes bin ich achthundertundzwölf Jahre in die Vergangenheit gereist. Das Raumschiff ist tatsächlich hier vor der Insel abgestürzt und im Meer versunken, da hatte ich dir schon halbwegs die Wahrheit erzählt. Carmen, du hast vollkommen recht, wenn ich mich anders verhalte, denn ich komme aus der Zukunft! Offiziell bin ich aber bitte weiterhin nur der ›Forschungsreisende aus Europa‹.« 

Sie nahm es erstaunlich gelassen auf. Sie hatte in diesem – immer noch inoffiziellen – Krieg wohl schon so viel Leid gesehen, dass sie wahrscheinlich recht abgestumpft war.

»Du hast mir das Leben gerettet, Soldat aus der Zukunft!«, meinte sie schließlich.

Das kleine Mädchen machte mich großen Soldaten etwas verlegen und ich murmelte nur ein »gern geschehen«.

Ich hatte mir vorgenommen, noch zu noch warten, bis Carmens Fußwunde vollständig ausgeheilt war. Sie hatte ja auf der Flucht vor den spanischen Soldaten ihre Schuhe verloren und war daher gezwungen, barfuß zu gehen; hier im Urwald sicherlich keine angenehme Vorstellung. Wir wollten in ihr Dorf zurückkehren und nachsehen, was seit ihrer Abwesenheit dort passiert war. Sie hatte schon Schauergeschichten von anderen Dörfern gehört, was die Spanier dort alles angerichtet hatten.

Am übernächsten Tag fand Carmen, dass sie etwas Körperpflege nötig hatte und sie im See baden wollte. Ich nahm sie wieder auf den Arm und kletterte mit ihr im Arm vorsichtig die Felswand herunter. Am kleinen »Strand« angekommen, zog sie mein Hemd aus und ging mit vorsichtigen Schritten in das Wasser hinein. Ich blieb am Ufer stehen und schaltete das Elektronengehirn auf höchste Wachsamkeitssufe, um uns vor etwaigen Angreifern rechtzeitig warnen zu können.

Sie schwamm ein paar Runden durch den See, wusch intensiv Körper und Haare, kam dann wieder aus dem Wasser und setzte sich auf einen Stein in die Sonne zum Trocknen. Wie gut, dass ich meinen Sexualtrieb so gut unterdrücken konnte, denn sie hatte sich mit herausgestreckter Brust und lässig zurückgeworfenem Haar sehr aufreizend hingesetzt.

Ihre Fragen trafen mich außerdem völlig überraschend: »Findest du mich nicht begehrenswert? Oder magst du lieber Jungs, so wie ich lieber Mädchen mag?« 

Das saß! Warum hatte ich auch immer das Glück, in Bezug auf Frauen sehr zielstrebig im Fettnäpfchen zu landen? Im sechzehnten Jahrhundert homosexuell zu sein, musste ja die Hölle für das Mädchen bedeuten. Ich fragte mich, wieso sich die Kleine jetzt an mich heranmachte, sollte das als Dank für ihre Rettung gedacht sein?

»Nein, du bist für dein Alter schon sehr, sehr attraktiv, aber du könntest doch meine Tochter sein! Weißt du, ich mag eher ältere Frauen.« 

Ich konnte ihr ja schlecht mitteilen, dass ich mit voller Absicht meinen Sexualtrieb deaktiviert gelassen hatte. Ich gab ihr das Hemd wieder, sie zog sich wieder an und wir gingen zurück zur Höhle.

Am nächsten Tag hatte sich endlich ihre Fußwunde soweit gebessert, dass wir aufbrechen konnten. Die Elektronengehirn-Sensoren blieben auf höchste Wachsamkeit geschaltet, als wir uns auf einem schmalen Pfad durch den dichten Urwald in Richtung ihres Dorfes bewegten. Überraschenderweise waren zwei der von mir überwältigten Spanier nicht mehr da, dafür gab es an der Stelle ein frisches Grab mit einem kleinen Holzkreuz. Meinen Angriff hatte also einer der drei Soldaten nicht überlebt. Die schlechte Nachricht war, dass die Spanier nun die Information weitertragen würden, dass ein großer blonder Mann sie angegriffen hätte. Andererseits war ich mir nicht sicher, ob ihnen dann jemand diese Geschichte hätte glauben wollen. Es war schon sehr unwahrscheinlich, dass ein einzelner unbewaffneter Mann sich gegen drei bewaffnete Soldaten erfolgreich hatte durchsetzen können.

Schon von Weitem erfasste mein Elektronengehirn Brandgeruch. Vorsichtig gingen wir in das Dorf hinein und trafen auf teilweise niedergebrannte Hütten. Zwischen den Hütten lagen einige Leichen. Diese waren aber nur männlich, es waren keine Frauen und Kinder, weder tote noch lebendige, zu finden. Ich zog meinen erbeuteten Dolch und bat Carmen, es mir gleichzutun. Dann fand ich einen toten Soldaten, welcher anhand seiner Uniform als Spanier identifiziert wurde. Die Dorfbewohner hatten wohl noch ein wenig Widerstand leisten können.

Die Hütte von Carmens Eltern war zwar nicht niedergebrannt, dafür aber geplündert worden. Was die Plünderer nicht gebrauchen konnten, war zerstört worden, so waren Stoffballen in kleine und große Fetzen geschnitten worden. Carmen bekam einen Wutanfall, als sie die Stoffballen sah. In einem Geheimfach im Fußboden, welches die Spanier offensichtlich nicht entdeckt hatten, fand sie aber noch ein frisches und nicht zerschnittenes Kleid sowie auch noch Schuhe zum Anziehen. Ohne mein Uniformhemd sah sie jetzt wieder wie ein kleines Mädchen aus. Endlich konnte ich mein Hemd wieder zuückbekommen. Als ich es überstreifte, war ich etwas irritiert. Das Hemd roch, obwohl der Stoff eigentlich so entwickelt war, möglichst keine Gerüche anzunehmen, ein wenig nach Frau. Meine Geruchssensoren waren sehr sensibel, fast schon zu sensibel. Der neue Geruchssinn war ein weiteres Merkmal meiner technischen Erweiterungen, an das ich mich erst noch gewöhnen musste.

Carmens Vater und Mutter waren nirgends zu sehen, zunächst auch nicht ihre Leichen. Da entdeckte ich hinter der Hütte eine Leiche im hohen Gras, die ich fast übersehen hätte. Aus den Gesichtszügen und sonstigen Körpermerkmalen ermittelte das Elektronengehirn eine sechzigprozentige Wahrscheinlichkeit, dass es der Vater des Mädchens war.

Carmen brach in Tränen aus und hielt mich fest umklammert. Sie war mir wohl unbemerkt gefolgt, obwohl ich ihr gesagt hatte, dass sie in der Hütte hätte bleiben sollen.

»War das dein Vater?«, fragte ich.

Sie bejahte schluchzend; nun war ich wohl ihr Ersatzvater geworden. Ihre Mutter hatten wir aber immer noch nicht gefunden. In mir kam der Verdacht auf, dass die Spanier Frauen und Kinder verschleppt haben. Anhand der im Elektronengehirn vorhandenen historischen Aufzeichnungen war aber nicht belegt, dass Spanier auch solche Gräueltaten verübt hatten. Mein nächster Verdacht war eine Racheaktion für irgendetwas noch nicht näher spezifizierbares, was mir dann Carmen indirekt bestätigte. Die Spanier suchten nach ihrer Aussage mögliche Aufenthaltsorte von Piraten, die Dorfbewohner waren aber nur Bauern, Handwerker und ein paar wenige Händler (die aber tatsächlich auch schon Kontakt zu Piraten hatten). Mein Verdacht einer Racheaktion für eine Kaperfahrt der Piraten erhärtete sich.

Das Tropenklima mit hoher Luftfeuchtigkeit förderte die schnelle Verwesung der Leichen und das Elektronengehirn registrierte intensiven Fäulnisgeruch. Mir machte das wiederum nichts aus, da ich den Geruchssinn im Bedarfsfall explizit ausschalten konnte. Erste Aasfresser machten sich an den Leichen zu schaffen. Ich alleine oder mit Carmen zusammen konnten aber nicht alle Leichen rechtzeitig begraben, um Seuchen vorbeugen zu können. Wir wollten aber wenigstens ihrem Vater eine ordentliche Ruhestätte zukommen lassen. Carmen brachte mir eine Schaufel und in kürzester Zeit hatte ich das Grab ausgehoben und ihren Vater in Tücher gehüllt und hineingelegt. Aus zwei großen Holzstücken baute ich ein stabiles Kreuz und steckte es in den Boden neben dem Grab. Das Mädchen umarmte mich erneut und dankte mir.

Wir hatten keine Überlebenden bei der weiteren Suche entdeckt, obwohl wir jede Hütte intensiv durchsucht hatten. Daraufhin sah ich keine Veranlassung, hier im Dorf zu verweilen. Carmen erzählte etwas von einem nicht weit entfernten Nachbardorf. Leider war keine Karte der Insel mehr vorhanden, aber das Mädchen kannte den Weg.

Wir wollten gerade aufbrechen, da wurde ich vom Elektronengehirn gestoppt. Der Annäherungsalarm machte sich wieder bemerkbar, denn es wurden Bewegungen vom Elektronengehirn erfasst. Laut Sensoren waren es zehn Personen, aber es war keine spezifische Uniform zu ermitteln.

»Gib’ mir Augen und Ohren«, befahl ich und das Mädchen schaute mich fragend an.

»Oh, nichts«, meinte ich, »komm’ hier hinein!« 

Unabsichtlich hatte ich laut mit dem Elektronengehirn gesprochen. Ich nahm mir vor, zu"kunftig hier mehr Sorgfalt walten zu lassen. Sofort versteckten wir uns in einer Hütte. Anhand der Kleidung und der Sprache ergab sich für das Elektronengehirn mit einer Wahrscheinlichkeit von 85 Prozent: Piraten!

Ich beschloss, in die Offensive zu gehen und trat aus meiner Deckung heraus mit Carmen an der Hand auf die Dorfgasse. Sofort zogen alle ihre Waffen.

»Wer seid ihr?«, fragte der Pirat, der wohl das Sagen hatte.

»Das Mädchen hier ist die einzige Überlebende dieses Dorfes; ich habe sie gefunden.« 

Das Elektronengehirn rief mir noch einmal ins Gewissen, meine Legende zu beachten.

»Gestatten, Johannes von Eysenbruch, Forschungsreisender aus Europa. Mein Schiff ist vor dieser Insel gesunken und ich konnte mich unweit von hier an Land retten.« 

Der Piratenführer fragte: »Von wo genau kommt Ihr her, Forschungsreisender?« 

»Ich komme aus dem Deutschen Reich, das ist ein Land in Europa weit jenseits des Atlantischen Ozeans, nordöstlich von Spanien und östlich von England.« 

Ein anderer Pirat meinte: »Das ist aber eine weite Reise.« 

»Ja«, bestätigte ich. »Ich bin nun einmal ein Forschungsreisender.« 

Diese Aussage hatte ja auch irgendwie einen wahren Kern, nur dass ich gerade das sechzehnte Jahrhundert erforschte. Ein anderer Mann, der offensichtlich ebenfalls eine Führungsposition innehatte und den ich als den Maat, also die rechte Hand des Kapitäns, vermutete, schaute noch etwas skeptisch, gab sich dann aber mit der Antwort zunächst zufrieden. Der Kapitän jedoch glaubte mir, obwohl – oder weil – er wohl mich und meine Uniform keiner hiesigen Kriegspartei hatte zuordnen können.

Ich wollte von den Piraten wissen, ob das andere Dorf ebenfalls zerstört, ebenfalls alle Männer getötet sowie ebenfalls alle Frauen und Kinder verschleppt worden waren.

»Ja, leider ist es hier wohl das Gleiche«, bestätigte der Kapitän.

Ich fragte: »Spanier?« 

»Das vermuten wir«, meinte der Kapitän. »Auf jeden Fall war es keiner von uns!« 

Mit »uns« meinte er wohl andere Piratengruppen.

»Können wir uns Euch anschließen, Kapitän?«, fragte ich.

Er antwortete mit einer Gegenfrage: »Seid Ihr derjenige, der auch ohne Waffen kämpfen kann? Bei den Spaniern geht so ein Gerücht um.« 

Mit dieser Gegenfrage hatte ich nun überhaupt nicht gerechnet. Es war erstaunlich, wie schnell sich so etwas auch ohne weltumspannende Kommunikationsnetze herumsprechen konnte. Der Kampf mit den drei Spaniern hatte mir aber gezeigt, dass ich durchaus Nahkampfpotential besaß. Dann ließ ich den zweiten Teil der Offensive folgen.

»Wer ist Euer stärkster Mann, Kapitän?«, konterte ich mit einer erneuten Gegenfrage.

Er rief einen Namen und aus dem Hintergrund kam ein Mann, so hoch wie breit. Mit einem goldenen Ohrring und einem schwarzen nach Piratenart gebundenem Kopftuch auf dem kahlen Schädel entsprach er voll und ganz dem Piratenklischee. Ich gab Carmen meinen Dolch.

»Keine Waffen«, meinte ich, als der große Pirat sich zunächst weigerte, ebenfalls seine Waffen abzugeben.

Der Kapitän nickte leicht und der große Pirat gab dem Maat eine Büchse und zwei Dolche. Die übrigen Männer bildeten einen Kreis.

Ich hatte noch eine Forderung: »Und dass mir niemand das Mädchen anfasst, solange ich kämpfe!« 

Der Kapitän bestätigte: »Versprochen!« 

Der Maat gab das Startzeichen. Der große Pirat und ich bewegten uns langsam umeinander herum. Schon bereute ich es, diesen Kampf begonnen zu haben, denn warum musste ich nun auch unbedingt den größten und stärksten von ihnen aussuchen… 

Das Elektronengehirn machte mir einen »fernöstlichen« Taktikvorschlag, indem ich seinen Jackenärmel in Unterarmhöhe greifen, mein rechtes Bein in Bauchhöhe ansetzen und ihn mit Judo-Wurf »Tomoe-Nage« werfen sollte. Danach sollte ich die zu erwartende Schrecksekunde ausnutzen, um über ihn zu gelangen. Anschließend sollte mit einem kombiniertem Judo-Haltegriff und einem angesetztem Judo-Würgegriff fixieren.

Diesen Vorschlag akzeptierte ich selbstverständlich sofort, wobei ich erstaunt darüber war, mir als Raumpilot so gute Nahkampfkenntnisse mitgegeben zu haben. Ich sollt doch nicht etwa auf die Art und Weise gegen Außerirdische kämpfen?

Durch den überraschenden Judowurf durch die Luft gewirbelt, schlug der große Pirat krachend mit dem Rücken auf dem Boden auf, so dass einiger Staub aufgewirbelt wurde. Unmittelbar darauf hatte ich ihn fixiert. Ich schaute den Kapitän an und bemerkte aus dem Augenwinkel, dass Carmen etwas sagte. Mein Elektronengehirn beherrschte selbstverständlich auch Lippenlesen und somit konnte ich erfahren, was sie sagte.

»Das Gerücht stimmt: Er hat tatsächlich ganz alleine – und vollkommen ohne Waffen – drei spanische Soldaten zur Strecke gebracht.« 

Die anderen Piraten johlten. Ich löste den Würge- und Haltegriff, stand wieder auf und streckte die Hand aus, um meinem Sparringspartner wieder aufzuhelfen. Als wir beide wieder aufrecht standen, schüttelte mir der große Pirat die Hand.

»Nicht schlecht – und vor allem sehr schnell!«, bemerkte er anerkennend.

Ich stellte erneut meine Frage: »Dürfen wir jetzt mit Euch kommen, Kapitän?« 

Jetzt endlich stimmte der Kapitän zu. Ich hatte wohl eine Art »Aufnahmeprüfung« bestanden. Der große Pirat und ich klopften uns gegenseitig den Staub vom Rücken. Ich nahm Carmen an die Hand und wir marschierten mit der Piratengruppe los.

Carmens Dorf war nicht allzu weit von der Küste entfernt, so dass wir nach etwa einer Stunde Fußmarsch bereits am Strand angekommen waren. Dort warteten schon zwei Ruderboote des Landungskommandos auf uns. Etwas weiter draußen im tieferen Wasser lag ein ankerndes Schiff, zu dem wir nun ruderten. Am Schiff angekommen, wurden die Boote an Bord gehievt und festgelascht. Nachdem beide Beiboote an Deck sicher verlascht waren, wurden die Segel gesetzt und der Anker gelichtet. Ziel der Fahrt sollte der Piratenstützpunkt auf einer der Nachbarinseln mit voraussichtlich etwa zwei Tagen Fahrzeit sein.

Ich half mit, die Segel zu setzen, was recht leicht vonstatten ging. Noch nie hatte ich meine neu hinzugewonnene Kraft durch die Implantate in dieser Form aktiv eingesetzt. Das Elektronengehirn lieferte mir ungewollt ständige Hinweise zur Segeltrimmverbesserung, was ich irgendwann deaktivierte, da es mich furchtbar nervte. Ich ließ mir aber die Option offen, hier doch noch tätig werden zu wollen, obwohl ich nicht unbedingt gleich am Anfang bei der Mannschaft durch übertriebene Besserwisserei unangenehm auffallen wollte. Durch meine Beobachtungen stellte ich aber fest, dass die Mannschaft andauernd Wetten über alles Mögliche abschloss – unter Anderem auch über meinen Kampf mit dem großen Piraten –, so dass ich vorhatte, es einmal über diese Schiene zu versuchen.

Nach einem halben Tag gab es urplötzlich einen großen Knall und das größte Segel bestand nur noch aus flatternden Fetzen. Der Kapitän meinte, dass es schon einmal von Kanonenkugeln getroffen und nur notdürftig ausgebessert worden war. Der Segelmacher darüber hinaus im letzten Gefecht mit den Spaniern ums Leben gekommen und es war kein wirklicher Ersatz da. Mir fiel ein, dass Carmen doch eine Schneiderin war – ob sie wohl auch…? Der Maat teilte mit, dass das Schiff eine kleine Menge Ersatzsegeltuch, entsprechendes Garn und große Nähnadeln an Bord hatte. Carmen sagte sofort zu; ich war erstaunt, wie sie von Tag zu Tag selbstbewusster wurde.

Nach Rücksprache mit Kapitän und Maat konnte ich folgende Anweisungen geben: »Carmen hat das Sagen, zur Segelreparatur abgeordnete Mannschaftsmitglieder müssen genau ihren Anweisungen folgen – und das Mädchen anfassen gilt weiterhin nicht, nur anschauen! Umso schneller sind wir außerdem wieder zu Hause. Ihr wisst ja jetzt, wie schnell ich bin und wie kräftig ich sein kann!« 

Erwartungsgemäß regte sich kein Widerstand unter der Mannschaft.

Das Flicken des Segels (Carmen verbat sich aber den Ausdruck »Flicken«, das sei schließlich »hohe Nähkunst« gewesen) ging zügig voran. Bald waren die Arbeiten abgeschlossen und das Segel konnte wieder gesetzt werden. Das Schiff kam mit der zusätzlichen Segelfläche nun spürbar schneller voran.

Immer noch wollte ich meine Geschwindigkeitswette anbringen, und jetzt war eigentlich ein guter Zeitpunkt.

»Wir haben euch mit dem Segel geholfen, nun darf ich auch einmal etwas versuchen«, meinte ich zum Kapitän.

Nach kurzem Zögern erklärte er sich bereit, dass ich das Kommando über das Schiff übernehmen konnte; er nahm sich aber heraus, jederzeit sofort eingreifen zu dürfen. Der Maat ließ noch einmal die Geschwindigkeit mit einer Logge messen, um einen Vergleichswert zu haben. Der Wert wurde mit Kreide auf eine Schiefertafel am Niedergang zur Kapitänskajüte notiert.

Mein Elektronengehirn hatte mir einen Segel-Schnellkurs im Allgemeinen und einen Schnellkurs im Segeltrimm dieses Schiffstyps im Speziellen gegeben und so war ich doch recht zuversichtlich, aus dem Schiff noch etwas mehr Geschwindigkeit herauskitzeln und so die Wette gewinnen zu können. Große Unsicherheitsfaktoren waren dabei allerdings die entweder ausgeleierten oder geflickten Segel sowie das sich in einem teilweise sehr ausgefransten Zustand befindliche Tauwerk. Um mich zu einem vollwertigen Segelexperten zu machen, lieferte mir das Elektronengehirn immer wieder die entsprechenden Fachbegriffe.

Nun war ich schon wieder etwas schlauer. Ich durfte also das Material, besonders das sogenannte »laufende Gut«, nicht über Gebühr beanspruchen. Einen Segelriss hatte es ja schon gegeben. Der Kapitän gab das Signal und ich übernahm das Kommando. Schon gab es die nächste Ladung Fachwissen vom Elektronengehirn.

Damit konnte ich meine korrekten Befehle erteilen: »Brasse etwas fieren!«, »Schot etwas dichtholen – genug!«, »Steuermann, etwas mehr anluven!« 

Das Schiff hatte mit Wind direkt von achtern nicht die unbedingt besten Segeleigenschaften, daher versuchte ich ein klein wenig mehr in Richtung des Windes zu fahren und eventuell den einen oder anderen Richtungswechsel auf die andere Windrichtungsseite einzulegen. Ein Segel hatte tatsächlich eine kleine Leine, um die hintere Kante strammer oder lockerer zu haben. Mein Elektronengehirn musste sofort besserwisserisch mit weiteren Fachbegriffen dazwischenreden.

Wenn ich nun das Segel noch ein klein wenig bauchiger hinbekäme, wie in einer Trimmanleitung aus der Wissensdatenbank… Und siehe da, im Heckbereich verstärkte sich das Gurgeln merklich. Der Maat bemerkte meinen triumphierenden Blick, sagte aber erst einmal nichts.

Der Wind im Bereich der »Inseln unter dem Winde« war konstant – irgendwo musste der Name ja herkommen – und es sah so aus, als dass ich diese, höhere, Geschwindigkeit auch über einen längeren Zeitraum würde halten können. Der Maat ließ noch einmal die Logge werfen und als er dem gemessenen Wert nicht glaubte, ließ er die Messung noch einmal wiederholen.

Auch die zweite Messung brachte das gleiche Ergebnis: die Geschwindigkeit lag tatsächlich deutlich höher. Spontan sollten wir daraufhin auch offiziell in die Piratenmannschaft aufgenommen werden, Carmen als Segelmacherin und ich als Segeltrimmer. Offensichtlich hatten jetzt auch sie erfolgreich ihre Aufnahmeprüfung bestanden. Die Mannschaft war auf jeden Fall einstimmig dafür. Schon die Aussicht, durch meine Optimierungsmaßnahmen schneller zu Hause sein zu können, dürfte dabei den Ausschlag gegeben haben.

Dass ich eventuell einmal als Pirat im sechzehnten Jahrhundert enden würde, hatte ich mir auch in meinen verwegensten Gedanken nicht vorstellen können… 

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