Kapitel 4
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Nachdem ich hier in Belgien fernab von größeren OA-Konzentrationen halbwegs in Sicherheit war, konnte ich mich voll und ganz der Suche nach Antonia widmen.

In der Ortungsschipsoftware konnte man die Nachverfolgung auf einen einzelnen OA eingrenzen, und so begann ich nach OA 1076 zu suchen. Bald hatte ich auch den Antonias Aufenthaltsort gefunden. Leider wich ihr Bruder und auch andere OA aber nicht von ihrer Seite, und so konnte ich nur warten. Ich spekulierte darauf, dass sie, auch wenn zur Firma gehörend, vielleicht nachlässig wurden, wenn etwas Zeit vergangen war. So hatte ich immerhin genug Zeit, mir einen Plan zu überlegen, wie ich sie wiederbekam. Hierzu nutzte ich das Hausboot als Basis und besorgte mir in Belgien wieder einen Mietwagen.

Nach zwei Wochen waren immer weniger OA in der Ortungssoftware um Antonia herum zu sehen und ich beschloss, mich an sie »anzuschleichen«.

Eines Tages war sie dann endlich alleine unterwegs und lediglich ihr Bruder folgte ihr in deutlichem Abstand. Ob und wie sie die Ortungsschips manipuliert hatten oder womöglich etwas einsetzten, was diese Chips nur simulierte, um mich in die Irre zu führen, konnte ich aus der Ferne nicht beurteilen, und musste es daher darauf ankommen lassen. Als sich der Abstand etwas vergrößerte, konnte und musste ich zuschlagen.

Ich setzte mich direkt hinter sie und bei passender Gelegenheit drängte ich sie auf einen von der Straße abzweigenden Feldweg ab. Ich stoppte, sprang aus dem Auto und lief zu Antonias Fahrzeug. Den Zauberspruch zum sofortigen Stoppen eines Agenten hatte ich griffbereit, ebenso den Taser und die in Frankreich gekaufte Handfeuerwaffe.

Mein Angriff traf sie vollkommen überraschend und ich konnte sie mit meinem Taser erst einmal außer Gefecht setzen. Sofort umwickelte ich ihre Hand mit etwas Aluminiumfolie, um die Sendeleistung des Ortungschips einzuschränken. Anschließend lud ich sie in meinen Kofferraum.

Flugs leerte ich alle ihre Taschen und warf dann alles in ihr Auto. Anschließend ließ ich ihr Auto eine Böschung hinunter rollen, wo es sogleich in dichtes Buschwerk fuhr und dort dann feststeckte.

Zwar zügig, aber nicht auffällig schnell fuhr ich dann mit kleinen Umwegen wieder in Richtung Belgien. Ab und zu machte ich kleine Stopps, um mir die Ortungssoftware anzusehen. Immer mehr OA trafen an der Stelle ein, an der ich Antonias Fahrzeug in die Büsche hat rollen lassen, aber mein Abstand zu ihnen vergrößerte sich zum Glück immer weiter.

So konnte ich sie unbemerkt im Schutz der Dunkelheit auf das Hausboot bringen, und immer noch war mir glücklicherweise kein Agent gefolgt. Solange Antonia – oder welchen Tarnnamen als OA sie auch immer jetzt trug – noch bewusstlos war, hatte ich erst einmal den Ortungschip vorsichtig mit einem kleinen Skalpell entfernt. Ich zerbrach den Chip und warf ihn an der Hauptstraße auf die Ladefläche eines vorbeifahrenden Autotransportlastwagens mit einem Kennzeichen glücklicherweise aus Litauen.

Später sah ich in der Ortungssoftware, dass eine große Anzahl von Agenten zusammen mit Antonias Bruder ausschwärmte. Wir befanden uns aber fast zweihundert Kilometer entfernt in einem anderen Land – und waren der Firma vorerst wieder einmal entkommen.

Nun war es Zeit, Zaubersprüche einzusetzen, um meine »alte« Antonia wiederzubekommen; hier brauchte ich wahrscheinlich aber mehrere. Die ganze Prozedur lief wie auf dem Campingplatz ab, nur dieses Mal mit vertauschen Rollen. Ich nahm die immer noch bewusstlose Antonia auf den Arm und setzte sie auf einen Küchenstuhl. Daran fesselte ich sie mit noch schnell in einem Baumarkt beschafften Klettbändern. Mit einem ebenfalls im Baumarkt beschafften Spanngurt befestigte ich den Stuhl an einer Säule, die das obere Deck des Hausboots stützte. Auch einen Knebel hatte ich in Erwartung der Reaktionen auf die Zaubersprüche ihr in den Mund gesteckt und mit einem weiteren Klettband gesichert.

Ein Handbuch der Firma enthielt eine Liste, in welcher Reihenfolge welche Zaubersprüche anzuwenden waren, um keine unerwünschten Seiteneffekte zu erzeugen. So vorbereitet konnte ich loslegen, und begann, sie mit leichten Klapsen auf ihre Wangen aus der Bewusstlosigkeit aufzuwecken.

Als sie aufwachte, schaute sie mich mit weit aufgerissenen Augen an und rüttelte an ihren Fesseln.

»Du kannst dir wohl vorstellen, was jetzt passiert, OA Zehn-Sechsundsiebzig und wie auch immer dein Name jetzt ist. Aber ich will deine frühere Identität zurück. Und deine Freunde von der Firma können dir hier auch nicht helfen, denn die sind weit, weit weg.» 

Sie rüttelte noch heftiger an ihren Fesseln, aber die nagelneuen Klettbänder hielten, was die Packungsaufschriften versprochen hatten.

»Wir sehen uns dann auf der anderen Seite«, wiederholte ich mich.

Wieder gab es ein unkontrolliertes Zucken und anschließend einen Schreikrampf, der aber fast vollständig vom Knebel gedämpft wurde. Nach immerhin vier verschiedenen Zaubersprüchen mit den in den Handbüchern angegebenen Pausen dazwischen beendete ich die Prozedur und nahm den Taser in die Hand.

Die Sprüche hatten offensichtlich ihre erhoffte Wirkung erzielt, denn nach dem letzten Durchgang schaute sie mich zwar mit großen Augen an, zeigte aber nicht mehr einen hasserfüllten Gesichtsausdruck.

Vorsichtig nahm ich den Knebel aus ihrem Mund, hatte aber zur Sicherheit den Taser auf sie gerichtet.

»Leise!«, befahl ich.

Als sie nur ein schwaches »Ben…« von sich gab, steckte ich den Taser in die Hosentasche und begrüßte sie mit »Willkommen zurück, Toni.« 

Sie schaute erst auf ihre verbundene Hand und danach auf ihre noch an den Stuhl gefesselten Arme.

»Ortungschip? Zauberspruch? Ben, was ist mit mir passiert?«, fragte sie leise.

»Du bist zu einem OA umgepolt gewesen. OA 1076 A, also erste Identität.« 

»OA tausend-wie-bitte? Ein OA? Ich war ein Agent der Firma?« 

»Wie gesagt: Willkommen zurück!« 

Sie hatte mich dann weiter ausgefragt, wie es dazu kommen konnte, dass ausgerechnet sie plötzlich als OA arbeitete.

Ich erzählte ihr, dass sie eines Tages verschwunden war und kurz darauf ein neuer OA 1076 in erster Identität in den Systemen der Firma auftauchte. Wenn ich die Bewegungen in der Ortungssoftware richtig interpretiert hatte, war sie unverzüglich in die Suche nach mir eingebunden worden. Sie war zufällig genau zu diesem Zweck als die Person, die mir am nächsten stand, auserkoren worden. Es war dann pures Glück gewesen, sie wieder zu mir holen zu können.

Sie schaute sich um.

»Hausboot, soso, schick. Das Wohnmobil war dir wohl zu klein.« 

»Ja, mehr Platz ist immer gut. Das ist aber noch nicht alles«, fuhr ich dann fort.

»Was ist noch nicht alles?« 

»Dein Bruder war dabei.« 

»Mein Bruder war wo dabei?« 

»Du hast direkt mit ihm und anderen OA zusammengearbeitet, um mich ausfindig zu machen.« 

»Warum haben die das nicht schon früher getan, also mich auch zum OA zu machen?« 

»Du warst wahrscheinlich als harmlos eingestuft worden, als du nur nach ihm gesucht hattest. Das hat sich erst dann geändert, als ich ins Spiel kam.« 

Sie stieß einen lauten Seufzer aus und fragte dann: »Und wo ist mein Bruder jetzt?« 

»Laut Ortungschip befindet er sich stationär an einem Ort, der offenbar ein geheimer Agentenstützpunkt ist.« 

Ich musste wohl einen sehr besorgten Gesichtsausdruck gemacht haben, denn Antonia fragte, was los war.

»Sein Signal wird schwächer, aber nicht die Signale der anderen OA.« 

Nach den Aufzeichnungen im Notizbuch hatte ich die Vermutung, dass die Chips ihre Energie aus Nervenimpulsen bezogen.

Sie ließ nicht locker und meinte: »Also stirbt er.« 

»Das kann ich von hier aus der Ferne nicht beurteilen.« 

»Wird er bestraft, weil er mich hat entkommen lassen?« 

»Vielleicht.« 

»Können wir ihm helfen?« 

»Toni, wir würden nicht einmal in die Nähe von deinem Bruder kommen.« 

Sie hatte einen resignierenden Gesichtsausdruck aufgesetzt.

Nach ein paar Gedenkminuten sagte sie schließlich: »Er würde mich wahrscheinlich nicht mehr erkennen, sie haben ihn jetzt schon mit viel zu vielen Zaubersprüchen überzogen. Wahrscheinlich ist er dann auch viel zu schwach, um dann noch einen Zauberspruch von uns, geschweige denn mehrere, überstehen zu können.« 

»So leid es mir tut, aber hier stimme ich dir vollkommen zu«, bestätigte ich.

Sie änderte ihren Gesichtsausdruck.

»Die kriegen alles zurück!«, fauchte sie.

»Wer? Was? Wie?« 

»Wir veröffentlichen alles.« 

»Die paar Stichworte aus dem Notizbuch reichen aber noch nicht.« 

»Dann müssen wir eben weiter suchen.« 

Tatsächlich war ich noch nicht allen Hinweisen aus dem Notizbuch nachgegangen, und wir wollten mit dem Hinweis anfangen, von dem wir uns am meisten versprachen.

Es brauchte einiges an Antonias und meiner gebündelten Fantasie, aus einem als Besonders wichtig! gekennzeichneten Eintrag tatsächlich etwas Lesbares herauszufiltern. Dort wurde ein Weg beschrieben, der in einer anderen Stadt zu einem bestimmten Raum in einem dieser neumodischen Mietlagerungsgebäude führte. Das war etwas, was Antonia noch nicht wissen konnte, als sie in die Hände der Firma gefallen war, und ich war daher zuversichtlich, dass wir dort von OA verschont blieben.

Daher machten wir uns in den nächsten Tagen auf den Weg in diese Stadt, aber immer auf der Hut vor uns verfolgenden OA und auch immer ein Auge auf die Ortungssoftware gerichtet.

Ein altes Fabrikgebäude war im Innern in einzelne Lagerräume verschiedener Größen umgebaut worden. Ein Raum, der von außen wie einer der anderen Lagerräume aussah, war im Notizbuch, wenn auch verschlüsselt, erwähnt worden, nämlich in der vierten Etage der Raum 4111. An der mit 4111 beschrifteten Tür erwartete uns ein elektronisches Schloss mit Zifferntasten.

»Haben wir im Notizbuch einen Zugangscode gefunden?«, fragte Antonia.

»Nicht, dass ich wüsste.« 

»Vielleicht müssen wir noch weiter um die Ecke denken. Der Raum ist nämlich unter dem Namen Annika Hansen gemietet worden.« 

»Wer ist Annika Hansen?« 

»Hast du nie Star Trek Voyager geschaut? Annika Hansen ist Seven of Nine, tertiäres Attribut von Unimatrix Null Eins.« 

»Seven of – wie bitte? Was du dir so alles merken kannst. Ach so, der Traum aller Jungs seit den Neunziger Jahren.« 

»Der Mädchen auch, ich wollte schon immer so eine coole Kämpferin wie sie werden.« 

Mir rutschte heraus: »Du warst immerhin kurz ein OA.« 

Sie zog eine Grimasse.

»Manchmal bist du echt gemein!« 

»Ich wusste gar nicht, dass du ein Star-Trek-Fan bist«, versuchte ich sie wieder zu beruhigen.

Ohne auf mich einzugehen, sagte sie: »Probieren wir doch ’mal die Zahl aus.« 

Antonia tippte Sieben-Neun-Drei-Null-Eins ein und … nichts passierte.

»Das war wohl nix«, stellte sie fest.

Bei »nix« war im Türrahmen ein leichtes Klicken zu hören. Ich stupste die Tür an und sie bewegte sich.

»Annika Hansen, ich fasse es nicht!«, musste ich zugeben.

Wir öffneten die Tür und gingen in den Raum hinein. Direkt hinter der Tür sahen wir dann stapelweise Umzugskartons vom Boden bis zur Decke, vor denen nur Platz für zwei Personen war.

Antonia war enttäuscht und meinte: »Umzugskartons? Das ist alles?« 

Nachdem wir ein paar Kartons zur Seite räumen wollten, fanden wir eher zufällig heraus, dass von den Kartons der mittlere Stapel als Tür zum eigentlichen Raum diente.

Bei dem sich uns jetzt gebotenen Anblick mussten wir kurz innehalten.

»Oh, ich nehme alles zurück», sagte Antonia schließlich.

Zu sehen waren Tisch, Waschbecken, Campingtoilette, Feldbett, ein Regal mit lang haltbaren Lebensmitteln und vor allem ein großer Tresor, wieder mit einem elektronischen Schloss mit Zifferntasten. Hier hatte ich offenbar auch einen Fluchtraum geplant, in dem ich mich für einige Zeit aufhalten konnte.

Mir fiel gleich ein knallroter Schnellhefter auf dem Tisch ins Auge. Dort befand sich in einer Klarsichthülle ein Blatt Papier, welches eine lange Reihe von insgesamt einundfünfzig Großbuchstaben enthielt.

Die Buchstabenreihe begann mit BEFDEMEEKFIMFRFGRDIE.

Antonia starrte die Buchstabenreihe lange an.

»Moment mal«, sagte sie dann. »Wenn man die Buchstaben in Dreiergruppen aufteilt, erhält man Standard-Währungscodes, alphabetisch sortiert. Ich weiß nicht warum, aber ich erkenne die Codes sofort wieder. Mein Bruder war ’mal ganz scharf auf Währungsspekulationen, da ist bei mir wohl etwas hängen geblieben. ›BEF‹ sind Franc aus Belgien, ›DEM‹ selbstverständlich D-Mark, ›EEK‹ müssen Estländische Kronen sein – die haben ja jetzt auch den Euro –, ›FIM‹ sind die benachbarten Finnmark, ›FRF‹ Franc aus Frankreich. Ich bin mir sicher, dass das Währungscodes sind, und das sind, so wie es aussieht, alle Codes von Währungen, die durch den Euro abgelöst wurden.« 

Ich bestätigte: »Jetzt sehe ich’s. Siebzehn Dreiergruppen, die Währungen in alphabetischer Reihenfolge. Aber haben nicht zwanzig Länder den Euro?« 

»Ja, aber nur für die siebzehn EU-Länder gab es Umrechnungskurse ihrer alten Währungen, eben für Mark oder Franc, und nicht für die drei zusätzlichen nicht-EU-Euro-Staaten Monaco, San Marino und natürlich Vatikan«, stellte Antonia nach kurzer Internetrecheche fest.

»Wenn man die Dezimaltrennung weg lässt, so haben meines Wissen nach alle Kurse immer sechs Ziffern. Für Deutschland kennt das wahrscheinlich jeder auswendig, nämlich 1,95583. Schau’ doch mal im Internet nach den Umrechnungskursen.« 

Nach kurzer Suche wurde sie auf der Internetseite der Europäischen Zentralbank unter Feste Euro-Umrechnungskurse fündig. Dort standen auch die Währungscodes, alphabetisch sortiert.

»Oh, ich muss aufpassen! Bei Irland, Zypern und Malta darf ich wahrscheinlich die Null vor dem Komma nicht mitnehmen und bei Malta, Slowenien und Slowakei muss ich noch Nullen anhängen, um immer auf die sechs Ziffern zu kommen.« 

Für die ersten drei Länder Belgien, Deutschland und Estland ergab sich somit die Ziffernfolge 403399195583156466.

»Ist das etwa der Zugangscode für den Tresor?« 

»Ich glaube nicht, welcher Tresor hat schon so viele Ziffern als Öffnungscode…« 

Antonia nahm sich einen auf dem Tisch liegenden Zettel und schrieb die Ziffern auf.

Eine weitere Buchstaben- und Ziffernfolge unter den Währungscodes begann mit 2001 und enthielt viele Doppelpunkte.

»Was ist das?«, wollte Antonia wissen.

»Lass’ mich nachdenken, ich weiß es noch nicht.« 

Je länger ich diese Buchstaben- und Ziffernfolge betrachtete, desto mehr kristallisierte sich aber ein Schema heraus.

»Das ist eine IPv6-Adresse!«, rief ich schließlich.

»Eine Ih-Peh-was-Adresse?« 

»Du erkennst Währungscodes, ich erkenne Internetadressen. Lass’ es uns ausprobieren.« 

Ich nahm mein Notebook, startete zur Sicherheit gleich den Tor-Browser und gab die Adresse ein.

Eine Webseite öffnete sich:

Willkommen, Annika Hansen!

Du hast es offenbar erfolgreich geschafft, bis hier vorzudringen.

Eingabe: __________________________________________

»Hier sind wir dann aber sowas von richtig«, sagte Antonia.

Ich tippte alle über hundert Ziffern ein und drückte anschließend die Eingabetaste.

Willkommen, Annika Hansen!

Du hast es offenbar erfolgreich geschafft, bis hier vorzudringen.

Eingabe: 403399195583156466

Korrekt! Bist du bereit für ein weiteres Rätsel?

Hier ist es: Elwood, Christine, Ghostbuster, Fahnder, Doc Brown

Eingabe: __________________________________________

Antonia fragte: »Ein weiteres Rätsel? Sind das Namen aus Filmen und Fernsehserien?« 

»Vielleicht. Was musste ich das auch so derartig kompliziert machen«, beschwerte ich mich.

Lange starrten wir die Namen an.

»Autos!«, rief Antonia plötzlich.

»Autos?« 

»Ja. Elwood mit dem Bluesmobile, Christine ist dieses Mörderauto aus dem gleichnamigen Film, dann dieser Cadillac von den Ghostbusters. Den Rest kenne ich nicht.« 

»Doc Brown ist aus ›Zurück in die Zukunft‹, also muss das der Zeitmaschinen-DeLorean sein«, meinte ich.

Antonia fragte: »Und was ist ›Fahnder‹?« 

»›Der Fahnder‹, deutsche Fernsehserie, der fuhr immer einen coolen grünen Ford Granada oder so.« 

»Also haben wir zumindest ein Auto pro Name.« 

Ich schrieb die Autos auf ein Blatt Papier.

»Was ist mit den Kennzeichen?«, fragte Antonia. »Zumindest für das Ghostbustersauto kenne ich ›ECTO-1‹.« 

»Kennzeichen! Natürlich! Antonia, das wird es sein.« 

Mit intensiven Internetrecherchen fanden wir tatächlich zu jedem Auto ein Kennzeichen heraus: »BDR-529« für das Bluesmobile, »CQD-241« für Christine, »ECTO-1« für die Ghostbusters, »G-PH 4844« für den Fahnder und »OUTATIME« für die DeLorean-Zeitmaschine.

Nach mehreren Versuchen, man musste die Kennzeichen offensichtlich hintereinander durch Semikolons getrennt eingeben, wurden die Eingaben akzeptiert:

Willkommen, Annika Hansen!

Eingabe: 403399195583156466

Korrekt! Bist du bereit für ein weiteres Rätsel?

Hier ist es: Elwood, Christine, Ghostbuster, Fahnder, Doc Brown

Eingabe: BDR-529;CQD-241;ECTO-1;G-PH 4844;OUTATIME

Korrekt! Hiermit kommst du zum Borg-Würfel: 22568

War mit dem Borg-Würfel – zumindest diesen Begriff hatte ich aus Star Trek noch im Kopf behalten – etwa der Tresor gemeint? Es konnte nur der Tresor sein, und einen Versuch war es wert. Ich gab daher die fünf Ziffern in das Ziffernfeld des Tresors ein – und er öffnete sich mit einem lauten Klacken.

Ich rief: »Bingo!« 

»Erst Annika Hansen, dann das ausländische Geld, dann die Autokennzeichen und dann der Borg-Würfel, du hast schon einige Fantasie aufgebracht.«, musste Antonia anerkennen.

»Wie es sich eben für einen Null-Null-Sieben gehört. Es muss wohl sehr, sehr wichtig sein, was in diesem Tresor lagert, sonst wäre nicht ohne Grund der Weg dorthin mit derartigen Rätseln gepflastert worden.« 

»Warum hast du das aber so dermaßen kompliziert gemacht?« 

»Die Firma ist Bürokratie hoch zehn und was hassen Bürokraten mehr?« 

Sie schaute mich an.

»Arbeit, für die es kein Schema gibt«, antwortete ich mir selbst.

Der Tresor enthielt dann die sprichwörtliche Bombe, nämlich eine detaillierte Zusammenstellung aller Aktivitäten, die ich für die Firma durchgeführt hatte. Es ergab durchaus Sinn, dass ich diese Unterlagen mehrfach gesichert an einem anderen Ort als das Notizbuch aufbewahrt hatte. Schon nach kurzen Durchsehen war uns klar, dass wir hier etwas in der Hand hielten, dessen politische und wirtschaftliche Auswirkungen uns noch gar nicht ausmalen konnten. Nun wurde mir auch bewusst, warum ich so eine extreme Geheimniskrämerei veranstaltet hatte.

»Wahnsinn!«, rief sie. »Die kehren den Schmutz einfach immer weiter unter den Teppich. Das geht aber nur solange gut, bis der Teppich zum Hügel geworden ist und man dauernd darüber fällt.« 

»Aber offiziell ist noch kein so großer Hügel sichtbar, als dass es auffallen würde« 

»Das ändern wir jetzt!« 

Sofort beschlossen wir, dem Notizbuch, den SD-Karten und den anderen Aufzeichnungen den Codenamen Hügel zu geben. Antonia war natürlich sofort dafür, vor allem weil die Verwendung von Codenamen »so schön geheimagentenmäßig ’rüberkommt«.

Mit den Informationen aus dem Tresor war es außerdem möglich, bei der Suche nach weiteren Informationen über die Firma und deren Machenschaften nicht mehr ganz so auf Sicht zu fahren.

Man konnte zwar kleine Mosaiksteinchen sammeln und diese dann zu einem Mosaik zusammensetzen, aber ab und zu musste man auch zwei Schritte zurücktreten und das Gesamtwerk betrachten. So wie es aussah, hatten wir jetzt wahrscheinlich endlich einmal das Gesamtwerk vor Augen.

Im Tresor fand sich dann auch ein Blatt mit Zugangsdaten diverser Clouddienste, es gab alles also auch noch in elektronischer Form.

Wir nahmen den erstbesten Bericht aus dem Tresor und blätterten ihn durch. Schon auf den ersten Seiten sah ich etwas, was mich schwindlig werden ließ.

Die Firma führte tatsächlich ein »Projekt« durch, das zum Ziel hatte, autonomen oder teilautonomen Fahrzeugen durch Überkleben von Geschwindigkeitsbegrenzungen mit für das menschliche Auge unsichtbaren Ziffern höhere zulässige Geschwindigkeiten vorzutäuschen. Beigelegt waren Medienberichte spektakulärer Unfälle mit Totalverlusten von Prototypen bestimmter, aber nicht aller Hersteller und leider auch einigen toten Testfahrern. Es gab sogar den Tod eines hochrangigen Managers einer Entwicklungsabteilung, der zum Zeitpunkt eines solchen Unfalls auf dem Beifahrersitz gesessen hatte. Auch der fast gleichartige Tod eines Staatssekretärs eines Landesverkehrsministeriums ging offensichtlich auf das Konto der Firma. An die entsprechenden Medienberichte konnte sich Antonia noch gut erinnern. Der Bericht schloss mit dem Fazit Einmal ist Zufall, zweimal ist bedenklich, dreimal ist Absicht. Die Unfälle und vor allem die Toten ließen bei einigen Unternehmen die ganze Forschung um Jahre, wenn nicht gar um Jahrzehnte zurückfallen. Hier hatte die Firma steuernd eingegriffen und nahm dabei auch Tote in Kauf. Mich schauderte es. War ich etwa von ihr auf diese Sabotagemission geschickt worden und womöglich für Tote verantwortlich? Leider gab der Bericht ausgerechnet hierzu nichts preis.

Schon der erste Bericht alleine hatte schon ein paar Megatonnen Sprengkraft, um bei der Bomben-Metapher zu bleiben. Hier hatten wir genügend Material, um Medien und Politik für lange Zeit auf Trab zu halten.

»Warum hört man nichts von so einer Art Organisierten Kriminalität?«, wollte Antonia wissen.

»Vielleicht, weil sie zu organisiert ist? Ich weiß, Gegenfragen sind doof.« 

Antonia zeigte mir einen Berichtsabschnitt mit Sprachregelungen für offizielle Stellungnahmen.

»Das ist doch alles von oben bis unten voll mit Heuchelei!«, empörte sie sich.

»Oder anders und böse gesagt: Wir Außenstehende werden hier voll und ganz verarscht.« 

Im Tresor lagen außerdem in einem durchsichtigen Plastikbeutel ein Paar Handschuhe und ein Blatt Papier, dass wohl irgendeine Beschreibung enthielt.

Antonia nahm das Blatt aus dem Beutel und studierte es.

»Oha, die Dinger haben’s in sich!«, rief sie dann.

»Die Handschuhe sind ’was Besonderes?« 

»Und wie! Laut der Anleitung hier sind sie mit Fingerabdrücken von drei verschiedenen Personen bestückt.« 

»Von mir auch?«, wollte ich wissen.

»Davon steht hier nichts. Es steht auch nirgends, ob es sich um Agenten der Firma oder andere Personen handelt.« 

»Unsere Fingerabdrücke sind sowieso hier schon überall. Lass sie uns ein bisschen verwirren. Falsche Fährten und falsche ›Brotkrumen‹ können wir jetzt echt gebrauchen.« 

Ich zog die Handschuhe an und hinterließ an ein paar Stellen Fingerabdrücke. Falls die Firma dieses Lager finden und womöglich auf Fingerabdrücke untersuchen sollte, würde sie eine Überraschung erleben.

Wir beschlossen, dass wir genug gesehen hatten. Flugs verstauten wir die Unterlagen wieder im Tresor, nahmen lediglich die Handschuhe mit und fuhren zum Hausboot zurück.

Die komplette Durchsicht aller elektronischen Unterlagen ergab, dass wir tatsächlich zu allen Papierunterlagen ihre elektronische Version besaßen. Zur Sicherheit kopierte ich alles zusätzlich auf die Cloudspeicher, auf denen ich auch schon die Inhalte der SD-Karten aus dem Notizbuch abgelegt hatte.

Irgendwann kam dann die Sprache auf das Veröffentlichen. Die Firma mit allen gerade abkömmlichen OA rückte uns wahrscheinlich näher und wir mussten dafür sorgen, dass alles, was wir so mühsam zusammengetragen hatten, nicht in Vergessenheit geriet, falls wir ihr in die Hände fallen sollten. Wir waren ja nur zu zweit und hatten die gesamte Firma mit allen ihren verfügbaren Ressourcen gegen uns. Dafür waren wir aber ganz schön weit gekommen.

»Sollten wir das irgendeiner Internet-›Verschwörungsseite‹ zur Verfügung stellen?«, wollte Antonia wissen.

»Ungeschickt. Niemand wird es dann glauben. Es ist dann nur eine weitere Verschwörungstheorie unter vielen.« 

»Es hat sich schon so manches aber als wahr herausgestellt.« 

Da hatte sie durchaus recht, denn wir entwickelten uns mit allen Informationen, die uns jetzt zur Verfügung standen, zunehmend von Verschwörungstheoretikern zu Verschwörungspraktikern.

Antonia gefiel der Begriff Verschwörungspraktiker.

Sie fragte: »Lohnt es sich dann, alles auf einer eigenen Seite im Internet zu veröffentlichen?« 

»Ich habe ja sowieso schon die ganzen Unterlagen in diversen Clouds, das dürfte ausreichen. Wir müssen ja nicht alle Speicherorte weitererzählen.« 

»Also sollen wir die Veröffentlichung wie mit einer Schrotflinie breit streuen?« 

»Das ist das Beste, irgendjemand wird es schon aufgreifen. Was aber sollen wir schreiben? Wir können ja den Medien nicht einfach die Unterlagen über den Zaun werfen. Ich bin zwar ein Super-Null-Null-Sieben, aber mit dem Schreiben habe ich es nicht so«, musste ich dann zugeben.

»Der Verschwörungspraktiker sagt: Seit 1495 herrscht der Ewige Landfriede«, begann Antonia, »das heißt das Gewaltmonopol des Staates. Der Bürger verzichtet auf das Faustrecht, im Gegenzug setzen staatliche Organe das Recht durch. So wie es aussieht, weicht das Verhalten der Firma etwas davon ab; ich verorte recht starke moralisch-ethische Defizite.« 

»Wie kommst du denn jetzt auf so etwas? Weicht etwas ab? Soso, der Ewige Landfriede…« 

»Ich wollte ’mal Geschichte studieren, aber nach einem kurzen Blick auf den Arbeitsmarkt für Historiker hatte ich den Gedanken schnell wieder verworfen.« 

»Aha. Ich finde das mit dem Landfrieden aber sehr schön für unsere Veröffentlichung. Und wer den aufkündigt…« 

Genau so leiteten wir den Text ein, den wir an viele Medien verschicken wollten. Als erstes Beispiel nahmen wir die Manipulationen bei Testfahrten von autonomen Fahrzeugen, dann Namen und Standorte der Firma. Antonia fiel auch gleich eine prägnante Überschrift ein, nämlich Hügel – unter den Teppich gekehrt. Zusätzlich legte ich der E-Mail Verweise auf zwei der Cloudspeicher bei, auf denen sich der komplette Unterlagensatz befand.

»Sollte jemals eine Staatsanwaltschaft gegen die Firma ermitteln wolle, so wäre es auch recht hilfreich, wenn es dann noch lebende Verdächtige geben würde. Da wäre ich mir bei der Firma aber nicht wirklich sicher«, meinte Antonia.

»Ich gehe davon aus, dass eine große Säuberungsaktion direkt nach der Veröffentlichung losgehen wird. Mal sehen, wie viele OA dann noch übrig bleiben.« 

In weiteren Unterlagen gab es dann noch Hinweise auf weitere Systeme der Firma, auf die ich mit einem »Heimlich-Benutzer« sofort Zugriff bekam. Auch die Firma hatte die nächste Stufe gezündet und tatsächlich ein nicht gerade geringes Kopfgeld auf mich ausgesetzt. Die gute Nachricht war, dass sie mich oder uns offenbar immer noch nicht gefunden hatten. Aus den mir vorliegenden Unterlagen ging nicht hervor, dass die Firma jemals ein Kopfgeld auf einen abtrünnigen OA ausgesetzt hatte – war ich so wichtig oder wusste ich etwas derartig »explosives«, dass die Firma sich genötigt sah, mich für vogelfrei zu erklären?

»In den Unterlagen aus dem Tresor müssen echt noch mehr Kracher stecken«, sagte ich daher.

»Noch krachender als die Autogeschichte?« 

Sie konnten ja noch nicht wissen, welche Informationen wir tatsächlich besaßen, also gingen sie vom Schlimmsten aus. Das Schlimmste sollte aber gleich noch kommen.

Auf der Suche in den Unterlagen der Firma stieß ich in nie zuvor erreichten Tiefen auf den Begriff Unendade, der in einem Risikoanalysedokument recht oft erwähnt wurde. Trotz des merkwürdigen Klangs hatte dieser Begriff es jedoch in sich, und die Firma sah in dem, was dahinter steckte, ein großes Bedrohungspotential. Ich machte Antonia darauf aufmerksam.

»Unen-was?«, fragte sie.

»Das ist die sogenannte Undercover Enttarnung Datenbank Deutschland, nur echt ohne Bindestriche – was ich eigentlich hasse.« 

»Was es nicht alles gibt… Sollen wir da alle OA-Listen reinwerfen, mit Nummern, Klarnamen und so?« 

»Zusätzlich und zeitgleich zur Hügel-Veröffentlichung? Klaro! Aber…« 

Antonia unterbrach mich und fragte: »Aber?« 

»Aber vielleicht ohne dich, deinen Bruder und mich! Das wird die Firma aber trotzdem um Einiges zurückwerfen.« 

Ich schaute mich weiter im Dokument um und fand heraus, dass es auch ausländische Pendants gab. Auch diese hatten schräg klingende Namen, wie Unundauk oder Undercover Unmasking Database UK für die Briten, Unundaus oder Undercover Unmasking Database US für die USA, und es gab sogar Unundagl oder Undercover Unmasking Database Global als weltweites Verzeichnis von Undercoveragenten.

Flugs legte ich mir für die Datenbanken jeweils einen Benutzer an, den ich Teal’C nannte, weil dieser Name noch nicht vergeben war.

»Soso, Teal’C!«, meinte Antonia, »Du bist also nicht nur Star Trek-, sondern auch Stargate-Fan.« 

Ich war erstaunt, dass sie diesen Namen überhaupt kannte und auch gleich der richtigen Fernsehserie zuordnen konnte. Die Frau war wirklich wie für mich geschaffen.

Wir stellten den Text diversen Medien über eine »Wegwerf-E-Mail-Adresse« zur Verfügung und füllten die Undercover-Datenbanken, für die die Firma dankenswerterweise diverse Internetadressen aufgelistet hatte. Kurze Zeit später veröffentlichten tatsächlich viele Medien die Meldung.

Das Ganze schlug zwar nicht wie die sprichwörtliche Bombe ein, löste aber eine recht große Unruhe auch in allerhöchsten Kreisen aus. Ein als OA enttarnter Berater eines Landesministeriums wurde noch am gleichen Tag vom Staatsschutz festgenommen, der zuständige Minister trat noch in der folgenden Nacht zurück. Einige Medien ließen die Hügel-Meldung sogar fast eine Woche auf der Startseite stehen.

Auf einem Fernsehkanal gab es ein paar Tage später sogar eine Sondersendung mit dem Titel »Was aus dem Hügel ist wahr und was nicht?«.

Wie befürchtet, hatte die Meldung umfangreiche »Aufräumaktionen« in der Firma zur Folge, wie zum Beispiel das Abschalten vieler Anwendungen, auf die dann auch ich keinen Zugriff mehr bekam.

Viele OA wurden aus der Firma »entlassen« oder sind »gelöscht«, was immer dies auch bedeutete, aber wohl auch eine Folge der neu bestückten Undercoveragenten-Datenbanken war. Ich musste dann feststellen, dass auch OA 3611 in diversen Systemen als gelöscht geführt wurde. Damit war es offiziell und Antonias Bruder musste leider als tot angesehen werden. Die Firma hatte ihn wahrscheinlich auch schon unauffindbar eingeäschert, verscharrt oder ähnliches.

»Gelöscht! Wie widerlich technisch!«, entrüstete sie sich, als ich ihr den Systemeintrag zeigte.

Das Thema Hügel war in der Folge weiterhin am Köcheln und in den nächsten Wochen wurden viele Hinweise aus unser ersten Meldung bestätigt. Unabhängig von uns stellten einige Medien nach und nach weitere Veröffentlichungen aus den Cloud-Unterlagen zusammen. Mehrere Landesregierungen der am stärksten betroffenen Bundesländer hatten daraufhin sogar angekündigt, Untersuchungsausschüsse einzusetzen.

Nach und nach nahmen diverse Untersuchungsausschüsse ihre Arbeit auf und wir verfolgten fast alle öffentlichen Sitzungen im Internet. Es gab sogar OA, die sich selbst den Behörden stellten, deren Gerichtsverfahren beobachteten wir ebenfalls aus sicherer Entfernung.

Als dann zu meinem großen Bedauern die Frittenbude in die Winterpause ging und auch der kleine Bollerofen im Hausboot nicht wirklich mehr etwas gegen die Kälte ausrichten konnte, mussten Antonia und ich eine Entscheidung treffen.

Nun hatte ich mit den »davon weiß die Firma nichts«Konten genug finanziellen Rückhalt, um mich – oder auch uns – zur Ruhe setzen zu können.

Antonia stellte fest: »Also in meine alte Wohnung gehe ich auf keinen Fall zurück. Dorthin, wo die Firma überall ihre dreckigen Finger drin hatte? Niemals!« 

»Du wolltest doch schon immer ins Alpenvorland, wenn alles vorbei ist.« 

»Das hatte ich tatsächlich so gesagt.« 

»Wie wäre es, wenn wir dauerhaft dort wohnen würden?« 

Antonia war sofort einverstanden und wir begannen, die einschlägigen Internetportale nach passenden Immobilien zu durchsuchen.

Schon bald hatten wir etwas Passendes gefunden und wir konnten damit beginnen, was Antonia als »unser eigengestaltetes Zeugenschutzprogramm« bezeichnete.

Am letzten Öffnungstag des Bootsvermieters konnten wir noch schnell das Hausboot abgeben und uns dann auf den Weg von Belgien nach Süddeutschland machen.

Flugs hatten wir auch eine Ferienwohnung als vorübergehende Bleibe gefunden. Der Vermieter hatte nichts dagegen, dass wir diese nicht explizit als Ferienwohnung gebucht hatten und war froh, diese für ein paar freie Wochen in der Zwischensaison belegen zu können.

Kurze Zeit später waren wir Eigentümer einer schönen Neubauwohnung in der Nähe eines süddeutschen Sees. Die Kaufformalitäten stellten kein Problem dar, da ich zu den »davon weiß die Firma nichts«Konten die passenden und vor allem geldwäscheprüfungsfesten Dokumente für die Geldherkunft besaß.

Nachdem wir die Wohnung eingerichtet hatten, saß ich eines Abends mit Antonia auf dem Sofa und wir sprachen unsere weitere Zukunft an.

»Jetzt haben sich viele Verschwörungstheorien aus dem Hügel als wahr erwiesen«, meinte ich. »Es wird Zeit, sich neue zu suchen. Das könnte doch ein schönes Hobby werden.« 

Antonia schaute mich entsetzt an.

»Untersteh’ dich!«, rief sie.

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